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Sie sind, wie sie sind

Musical „Ein Käfig voller Narren“ begeistert das Publikum bei den Festspielen

Mehrfacher Szenenapplaus und tosender Schlussbeifall: Den hat sich das Ensemble der Musical-Inszenierung „Ein Käfig voller Narren“ redlich verdient. Mit dieser Premiere läuteten die Burgfestspiele nach der Komödie „Außer Kontrolle“ eine vielversprechende zweite Runde des Abendprogramms ein.

Bad Vilbel. Der Funke springt sofort über. Es vergehen nach Beginn der Vorstellung keine zehn Minuten, da gibt es den ersten Szenenapplaus, und es sollte bei weitem an diesem Abend nicht der letzte gewesen sein. Darsteller wie auch die siebenköpfige Live-Band, für die Markus Höller als musikalischer Leiter eigene Arrangements – ohne Streicher – erarbeitet hat, zeigen sich in Hochform.

So verbreitete die Inszenierung beste Laune. Regisseur Benedikt Borrmann lässt eine vordergründig komödiantische, aber im Grunde sehr berührende Liebesgeschichte erzählen. Ebenso klug wie kurzweilig wird die Balance gehalten zwischen den rasanten Tanzszenen der Travestie-Show (Choreografie Myriam Lifka), in der angeblich alles nur Schein ist (quasi Theater im Theater) und dem – man kann sehr wohl sagen – Ehe-Alltag von Georges und Albin, die seit mehr als zwanzig Jahren zusammenleben.

Während Georges (Norbert Wendel) den Nachtclub mit Travestie-Show managt, ist Albin als Zaza (Andrea Mathias Pagani) der gefeierte Star eben dieser Show. Jenseits der Bretter, die die Welt bedeuten, gibt Albin das Hausmütterchen, das ihren Georges bekocht. Die dabei aufkommenden kleinen Streitereien verblassen gegenüber der Forderung, die der junge Jean-Michel erfüllt sehen will. Georges und Albin haben Jean-Michel gemeinsam erzogen, er ist das Ergebnis von Georges einzigem heterosexuellem „Ausrutscher“. Nun kündigt er den Besuch seiner neuen Freundin und deren Eltern an. Da der Vater der künftigen Braut ein ebenso erzreaktionärer wie einflussreicher Politiker ist, soll eine „normale“ Familie vorgetäuscht werden. Albin soll für eine Nacht ins Hotel ziehen. Der ist daraufhin tief verletzt und singt das berühmte „Ich bin, was ich bin“. Pagani gelingt es dabei, die Nuancen zwischen seiner Verletzlichkeit auf der einen Seite sowie seinem Trotz und Selbstbewusstsein auf der anderen Seite berührend zum Ausdruck zu bringen.

Viele Kostümwechsel

So werden bei der Inszenierung insgesamt zwar die komödiantischen Elemente voll ausgespielt, aber im Mittelpunkt steht die Liebesbeziehung von Georges und Albin. Die beiden streiten sich, versöhnen sich, reden aneinander vorbei, missverstehen sich, verletzen sich und merken dann doch, dass ihre Liebe beständig ist. Das hätte schnell kitschig werden können, aber davon ist die Inszenierung weit entfernt – Anklänge von Klaumauk erweisen sich bald als kleine Ablenkungsmanöver.

Neben Albin/Zaza und Georges gibt es sozusagen acht dritte Hauptdarsteller – nämlich das wunderbar herumwirbelnde Travestie-Ensemble der „Les Cagelles“. Rasant wechseln sie hinter der Bühne ihre effektvollen und fantasievollen Kostüme für die neuen Tänze. Hierfür hat ihnen Ausstatterin Pia Oertel eine ausgefallene Showtreppe in Form eines Stöckelschuhs gebaut. Der lässt sich in der Mitte auseinanderschieben und gibt dann den Blick in das Wohnzimmer von Albin und Georges frei.

Einige Bedeutung für den komödiantischen Teil kommt der von Thorin Kuhn bravourös gespielten Zofe Jacob zu. Die weiteren Nebenrollen werden von Krisha Dalke (Jean-Michel) und Kai Möller als reaktionärer Politiker überzeugend dargestellt. Ebenso Susanne Rögner bei ihrem kurzen Auftritt als Restaurantbesitzerin. Nicht weiter auserzählt werden die beiden anderen weiblichen Rollen: Janice Rudelsberger als verliebte Anne und Silke Dublier als unter dem Kuratell ihres Mannes stehende Brautmutter, der nur wenig Spielraum gestattet wird und die somit nur wenig über die Rolle einer Statistin hinauskommen darf. Entbehrlich scheint die Rolle von Bühnenmanager Francis (Volker Weidlich), der als Schauspieler völlig unterfordert ist.