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Verregneter Umzug

Beste Stimmung trotz schlechten Wetters beim 196. Vilbeler Markt

Mit dichten und grauen Wolken über der Brunnenstadt beginnt der 196. Bad Vilbeler Markt. Unter einem langanhaltenden Landregen wird der Festzug Samstagnachmittag jedoch zu einer fröhlichen Wasser-Party mit viel Charme, noch mehr Schirmen und bunten Regencapes.

 

Bad Vilbel. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) führt den traditionellen großen Festzug zum Vilbeler Markt in eine Mönchskutte gewandet an. Mit bloßem Haupt und per Fahrrad nimmt er die an Regen reiche Tour auf sich, allein in der Gewissheit eines gottesfürchtigen Mönches, der liebe Gott gieße nun mal seine Freudentränen statt Regenschwaden über den Beginn des Vilbeler Marktes aus.

Eine Umdeutung des Unabänderlichen, erst recht zum Vilbeler Markt, gehört es doch zum politischen Handwerk des Rathauschefs, stets das Beste in einer Situation zu erkennen. Eine Wandlungsfähigkeit, die freilich auch der sozialdemokratischen Opposition zukommt. So marschiert Stadtrat Udo Landgrebe, heiter dem Untergang trotzend, als Solist mit einem Gummiboot durch die Gassen.

Doch von Untergangsstimmung kann bei diesem Festzug nicht die Rede sein. Wenn sich auch die Notenblätter der Stadtkapelle allmählich der Nässe fügen und sich in gewelltem Papier auflösen, geht der Aufmarsch ohne Unterbrechung weiter.

In munterer Zuversicht auch die Bad Vilbeler Quellenkönigin Stephanie I. mit Stadtmarketing-Chef Kurt Liebermeister an ihrer Seite

Zwei mächtige Rappen ziehen unbeirrt des Wetters ihre Kutsche wie der pferdebespannte Magistratswagen mit Gästen und der traditionelle Viererzug der Binding-Brauerei sicher von ebenso mächtigen schwarzen Percheron-Kaltblütern durch die Zuschauerreihen geführt wird.

Als eine ganz besondere Attraktion tragen die Oldtimer-Freunde und der Traktoren-Verein Büdesheim mit einer Parade historischer Fahrzeuge und Traktoren zum Festzug bei. Ihre Oldtimer und Bulldogs erinnern an die Geschichte der Motorisierung in Vilbel und der heimischen Landwirtschaft. Der strenge Geruch von Diesel-Abgasen vermischt sich mit dem Geruch regennasser Erde und Asphalt. Gleichwohl ein Hingucker nicht nur für die großen Fans historischer Fahrzeuge und Landmaschinen.

Auch die Kleinsten bewundern am Straßenrand die stählernen Ungetüme aus Urgroßväter-Zeiten. Aber der Nostalgie zum Marktauftakt nicht genug: Wilde Kerle aus Wikingerzeiten, dazu Rittergestalten und mittelalterliche Handkarren mischen sich unter die zahlreichen Fußgruppen der Vereine.

Denn der Festumzug ist stets auch ein Spiegelbild des Vilbeler Vereinslebens. Sei es der Obstbauverein oder der Bad Vilbeler Turnverein von 1881, die Vilbeler Schützen oder die Modellbahnfreunde. In Fußgruppen und auf Motivwagen präsentieren sie ihre Vereine und laden zum Mitmachen ein. Dies gilt auch für den ADFC, der mit einem rasanten Tandem in Querbauweise schon mal für ein autofreies Bad Vilbel wirbt – zumindest für Fußgängerzonen.

Mit von der Partie wie ehedem die Dortelweiler und Gronauer Kerbburschen. Deren Kerb-Geschichte datiert noch vor den historischen Zeugnissen des Vilbeler Marktes. Sie reicht in das 15. Jahrhundert zurück. Unterstützung erhielten die Kerb-Burschen von ihren Berkersheimer Kollegen.

Sportlich indessen dem anhaltenden Regen zum Trotz die Tanzgruppen, die sich in Bad Vilbel nicht nur zu Karnevalszeiten einen guten Ruf erworben haben. Zum diesjährigen Marktfest sind es die Linedance-Gruppe Tennessee Walkers, die Tanzgruppe Release des SC Dortelweil und die Gronauer Gruppe Enchanted, die dem Festzug zusätzliche bunte und heitere Tupfer verleihen – nicht nur ihrer Regencapes wegen. Dazwischen die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr aus Niederdorfelden und im Kontrastprogramm die Stallkrawaller mit ihrer Guggenmusik des Karnevalvereins der Fidelen Sandhasen. Für die alle Wetter erprobten Musikanten und Trommler scheint der Landregen geradezu eine Herausforderung zu sein, selbst wenn Bass-Tuba und Saxophon voll laufen – oder sich auf den Trommelfellen kleine Pfützen bilden, die mit einem Trommelwirbel in tausenden Tröpfchen spritzen.

Nicht alle Zugnummern von den geplanten 26 können voll realisiert werden. Für das Publikum indes kein Nachteil. Gleich der Politik münzen sie die Regengüsse als Gottes Freudentränen um und hatten unter bunten Schirmen einen tollen Spaß dabei. Lachend zieht es sie zum Festzelt, dorthin, wo die offizielle Markteröffnung gegen 17 Uhr mit dem Fassanstich beginnt.