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Wenig Sonne für Baumwolle – Kleingärtner in Okarben sind über die Jahre eine multikulturelle Gemeinschaft geworden

Karben. Rund zehn Prozent der Mitglieder im Obst- und Gartenbauverein (OGV) Okarben kommen ursprünglich aus anderen Ländern. Menschen aus der Türkei, Kroatien, Italien, Spanien, der Ukraine und Russland bewirtschaften neben ihren deutschen Gartennachbarn die Parzellen in der Gemeinschaftsanlage am Ortsrand von Okarben. Untereinander tauscht man Tipps über das Anpflanzen von Blumen, Erdbeeren, Kräutern, Salat und Tomaten aus.

Die Migranten fügten sich reibungslos in den Verein ein und bereicherten durch manch kulinarische Delikatesse den Speiseplan etwa bei gemeinsamen Grillfesten, berichtet Ruzica Schütze, gebürtige Kroatin und seit März Vorsitzende des Vereins mit 120 Mitgliedern. Nesdet Kocak etwa stammt aus der Türkei, wohnt seit 1972 in Karben und bewirtschaftet seinen Garten seit über 20 Jahren. Er sei die gute Seele des Vereins, sagt Schütze. So schaue er nach anderen, wenn diese krank seien und sei stets bereit, mit Gemüse mal auszuhelfen.

„Ja, es wird internationaler hier“, bestätigt Andrea Lauster. Drei Generationen aus ihrer Familie bewirtschaften ihre Grundstücke. An den ausländischen Mitbürgern könne sich manch deutscher Gartenbesitzer in punkto Sauberkeit eine Scheibe abschneiden, sagt die junge Frau.

Bei den Kocaks ist Ehemann Nesdet fürs Anpflanzen zuständig, während Ehefrau Seher das Gemüse und die Kräuter bearbeitet. Er schaue jeden Tag nach dem Rechten im Garten, auch im Winter, erzählt Kocak. Er habe mal probiert, Baumwolle anzupflanzen, „aber das klappt hier nicht, dafür fehlt’s an Sonne, davon gibt’s in Deutschland sowieso meist zu wenig“, sagt er und schmunzelt. Von den gepflanzten Weinreben verwende seine Frau die Weinblätter, um diese zu füllen, berichtet Kocak. Und natürlich darf Knoblauch im Garten von Nesdet Kocak nicht fehlen. Gerne pflanzen die Gärtner das Gemüse an, das sie aus ihren Herkunftsländern kennen und das sie für die landestypischen Gerichte verwenden. Dennoch unterscheiden sich die Pflanzen in den Gärten nicht allzu sehr voneinander, zumal mediterranes Gemüse wie Aubergine, Paprika, Zucchini und Co. auch in deutschen Küchen längst Einzug gehalten hat.

Probleme gebe es so gut wie keine zwischen den Nationalitäten. Alle würden Rücksicht aufeinander nehmen, so könne man angesichts der direkt aneinander angrenzenden Parzellen die Musik nicht laut aufdrehen, sagt Vorsitzende Schütze. „Am Anfang bekommt jedes Mitglied die Regeln gesagt“, erklärt die Vorsitzende. So sei es nach den Richtlinien des Bundes-Kleingarten-Gesetzes vorgeschrieben, dass 30 Prozent der Fläche als Gemüsegarten bewirtschaftet werden müsse, der Rest könne als Wiese genutzt werden.

Schwierigkeiten unter den Mitgliedern könne es dann geben, wenn sich jemand nicht um seinen Garten kümmere und diesen verwahrlosen lasse. „Dass sich jemand nicht um seinen Garten kümmert, während andere auf der Warteliste stehen, um einen Garten zu bekommen, das geht nicht“, sagt die Vorsitzende entschieden. In einem solchen Fall sei es egal, aus welchem Land derjenige komme, er bekomme auf jeden Fall eine Abmahnung vom Vorstand.

Juri Schwabauer stammt aus der Ukraine und hat erst seit dem vergangenen Jahr ein Gartengrundstück im OGV. Er fühle sich sehr wohl hier, und die Zutaten – etwa Weißkohl, Tomaten und Zwiebeln – für sein Lieblingsgericht „Borschtsch“, ließen sich gut im Okärber Garten anpflanzen.

Bei gemeinsamen Festen sei es selbstverständlich, auf unterschiedliche Essensgewohnheiten Rücksicht zu nehmen, sagt Schütze. So würde etwa beim Tag der offenen Tür neben Steaks und Würstchen auch Kulinarisches für Muslime und für Vegetarier angeboten.