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Wenn Nonnen swingen, tanzt der Papst

Das Musical-Ensemble überzeugt mit Choreographien und Musik, die das Publikum mitnimmt: Foto: Eugen Sommer
Das Musical-Ensemble überzeugt mit Choreographien und Musik, die das Publikum mitnimmt: Foto: Eugen Sommer

Bad Vilbel. Mit »Sister Act« stand am Freitagabend eine weitere Premiere bei den Burgfestspielen in Bad Vilbel an. Eine energiegeladene Darstellung aller Beteiligten und ein euphorisches Publikum machten die Premiere zu einem erinnerungswürdigen Theaterabend.
Mit der Kultur ist es wie mit der Gesundheit. Was sie wert ist, spürt man erst, wenn sie plötzlich nicht mehr da ist. Doch der große Aufwand der Bad Vilbeler Burgfestspiele, der nicht erst mit Proben im Frühjahr begann, hat sich bezahlt gemacht. Der Phantomschmerz einer stillen Burg bleibt Vilbel erspart, das Herz der Stadt schlägt wieder und so strömen im Sonnenuntergang am Freitagabend die Menschen langsam in die historische Spielstätte. Exakt 200 sind es, welche die Premiere von »Sister Act« bei den Festspielen verfolgen dürfen. Die Außengastronomie rund um die Burg ist gut besetzt und die Stimmung schon Minuten vor Beginn des Stücks dank bestem Wetter geradezu euphorisch. Es wird gelacht, gegessen, getrunken und erwartungsvoll auf die Bühne geblickt.
Eine fulminante Eröffnungsnummer wirft die Zuschauer gleich in das Geschehen: Nachtclubsängerin Deloris, gespielt von Tamara Wörner, wird von ihrem kriminellen Partner Curtis (Raphael Köb) nicht gerade gut behandelt und beobachtet, wie dieser jemanden ermordet. Ihr Jugendfreund und etwas zu gutherziger Polizist Eddie (Boris Böhringer) versteckt sie in einem Schwesternkonvent. »Möge sie voll Anstand und Würde sein«, bittet Schwester Mary Lazarus (Annette Lubosch) noch gen Himmel, bevor die Nachtclubsängerin lautstark die Kirche betritt: »Heilige Scheiße, was ist das denn für’n Schuppen hier?« Welten kollidieren in »Sister Act«, finden allerdings auch schnell zusammen. Ein Erfolgsrezept für eine anrührende Geschichte, die bereits 1992 im preisgekrönten und gleichnamigen Film mit Schauspielerin Whoopi Goldberg in der Hauptrolle für viel Begeisterung sorgte.
Fromme Schwestern und Aushilfsgangster
Doch um eben diese zu erzählen, bedarf es nicht unbedingt großer Hollywood-Budgets und gigantischer Filmsets wie Regisseur Christian Voss, sein Team und das Ensemble beweisen: Tamara Wörner spielt ihre Hauptrolle mit enormer Energie. Das trifft auch auf Sonja Herrmann (Mutter Oberin), Annette Lubosch, Lorena Mazuera Grisales (Mary Nirvana), Ruth Fuchs (Mary Theresa), Theresa Christahl (Mary Patrick), Lisa Radl (Ensemble), Vanessa Weiskopf (Ensemble) und Theodor Reichardt (Monsignore O’Hara) zu, die für Bewegung auf der Bühne sorgen und stets für einen Lacher gut sind. Janice Rudelsberger ist dem Vilbeler Burg-Publikum bereits seit Jahren als herausragende Musicalsängerin bekannt und liefert das als Schwester Mary Robert abermals ab.
Raphael Köb ist mit Halbglatze und langen Haaren zwar kaum wiederzuerkennen, bringt als mörderischer Kartellboss aber Angst und Schrecken auf die Burgbühne. Flankiert wird er dabei von Krisha Dalke, Lukas Schwedeck und Tobias Georg Biermann, seinen drei eher tollpatschigen Aushilfsgangstern, die die Auftritte ihres Bosses mit Slapstick-Einlagen auflockern.
Wortspiele, Gags und Slapstick-Einlagen
Der Ausgang der Geschichte ist seit 1992 bekannt: Polizist Eddie gelingt es zum Schluss, Delores vor ihrem kriminellen Ex zu retten. Mit Julius Williams (Ensemble) tanzt im großen Finale außerdem der Papst in Bad Vilbel! Extrem kurzweilig ist die Inszenierung, Wortspiele, Gags, die unterschiedlichen Ordensschwestern und die Slapstick-Einlagen der Gangster sorgen für viel Witz, die Choreographien und natürlich die Musik für Stimmung in der Burg. Die Schauspieler passen allesamt perfekt in ihre Rollen. Das Publikum ist angetan, nach fast jedem Song gibt es Szenenapplaus.
Die großen Szenen komplettiert der Vilbeler Chor BelVoce mit Tanz und Gesang: Choreographin Kerstin Ried ist es gelungen, die Nummern so zu planen, dass sich die Darsteller nicht zu nahe kommen. Ein Unterschied zu Vilbeler Musicalproduktionen der vergangenen Jahre ist eigentlich nicht feststellbar.
Von Niklas Mag