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Alexander Katt und die falschen Silberlinge

Bad Vilbel. Er ist der große Unbekannte hinter den Kulissen von Jesus Christ Superstar bei den Burgfestspielen. Nur ein einziges Mal erscheint er im Scheinwerferlicht vor dem Publikum. Bei der Premiere des Musicals durfte sich Regieassistent Alexander Katt verbeugen. Aber erst war Regisseur Egon Baumgarten an der Reihe.

Als „Schattenmann“ bezeichnet er sich manchmal, als Mann, der im Hintergrund wirkt, der dafür sorgt, dass alles klappt. Denn wer sonst, wenn nicht er, sorgt dafür, dass zur rechten Zeit am rechten Ort Brot und Kelch fürs letzte Abendmahl, der Dolch des Schergen und der Beutel mit den 30 Silberlingen für den Zugriff des Akteurs bereit stehen.

A propos 30 Silberlinge: Der Lederbeutel ist nicht mit altem Geld gefüllt. Was klappert, sind metallene Unterlegscheiben, und zwar auch nicht dreißig Stück. Es sind weniger, dadurch liegt der Beutel gut in der Hand. So, wie es Judas Brady gerne hätte. Und dann ist da noch die Matratze hinter dem Bühnenrund, damit sich Judas bei seinem Selbstmord ja nicht verletzt.

Auch dafür hat Regieassistent Alexander gesorgt, genauso wie für die Garderobenhäkchen unter den Treppen. Jetzt weiß jeder der Statisten vom Musikschulchor Vilbel-Canto, wo er Hose und Hemd für das Tempelbild und wo er oder sie die schaurigen Kittel aus Sackleinen zur Darstellung der Krankenszene zu hängen hat.

Und wer von den Akteuren seinen Ehering nicht mehr vom Finger bekommt, der findet an einem Balken einen schmalen Streifen Heftpflaster, um das Schmuckstück unsichtbar zu machen. Jetzt, wo die Darsteller und vor allem die Laien nach mehreren Vorstellungen sicherer geworden sind, kann sich der Regieassistent ein wenig entspannter geben und mit Gelassenheit das Bühnengeschehen verfolgen. Vereinzelt Kritik, gelegentlich auch Lob. Dem Reporter verrät er im Vertrauen: „Anfangs habe ich nicht geglaubt, dass es so gut wird. Ich bin geradezu begeistert von der Leistung des Chors von lauter Laien. Sogar Leute, die wenig proben konnten, haben sich inzwischen reingefunden“.

Das sagt ein Mann mit großer Erfahrung, auch mit den Vilbeler Burgfestspielen. Alexander Katt war 1997 das erste Mal hier, war dann vier Jahre lang an der Landesbühne Hannover engagiert und kam mit großer Erfahrung zurück nach Bad Vilbel, um hier bei zwei Sprechstücken zu assistieren. Aber als ihn Baumgarten für Superstar interessieren wollte, da freute sich Katt zwar, dass er es mit wenig Requisiten zu tun haben würde – aber als von dem Pulk von etwa 50 Laien die Rede war, musste er doch schlucken. Katt: „Der Chor muss nicht nur singen, sondern nimmt am Bühnengeschehen teil mit Choreografien und szenischen Beiträgen.“ Katt wurde jedenfalls von anderen Aufgaben bei den Burgfestspielen freigestellt, damit er sich auf Superstar und die Broadway-Gala der Gesangsstars konzentrieren konnte.

In der Probenzeit war er sieben Tage die Woche morgens der Erste und abends der Letzte. Die Anspannung war ihm anzumerken. Nicht alle Szenen standen. Baumgarten und die Choreografin Angela Hercules-Joseph probierten Szenen aus und verwarfen sie wieder. Katt geriet nicht zufällig in die Rolle des Buhmanns: „Der Regisseur macht vor allem die Kunst, ich mache auch die Arbeit. Ich muss dafür sorgen, dass der Regisseur immer der Gute ist, wenn er unpopuläre Entscheidungen trifft.“

Die Vielzahl von Statisten galt es zusammenzuhalten. Alle mussten mitbekommen, wenn es wichtige Terminansagen gab. Katt kam sich gelegentlich wie ein Schäferhund vor, der eine Herde zusammentreiben muss.

Ursprünglich hatte der gebürtige Wiesbadener Jura und Japanisch studiert, das Studium dann aber zugunsten seiner Theaterleidenschaft aufgegeben. Das Organisatorische lag ihm dabei immer. Am Kölner Schauspielhaus hat er das Theaterhandwerk gelernt. Als Darsteller hat er die „Masse Mensch“ mal als Bettler, mal als Polizist gegeben.

Aber wo es organisatorisch schwierig wurde, da war er in seinem Element, und dort ist er gefragt, wie bei den Filmfestspielen in Berlin. Für Familienleben ist bei einem solchen Job wenig Platz. Katt macht das Beste daraus: „Das Theater ist meine Familie.“