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Autokäufer drücken auf die Bremse – Mittelständler haben die große Politik als Helfer längst abgeschrieben

Bad Vilbel / Karben. Zufrieden steht der Okarbener Autohändler Harald Dietz neben einem etwas älteren Modell, das um 1910 für 2500 Reichsmark zu haben war: das legendäre Model T, die „Blechliesel“. Der Seniorchef selbst ist schon 43 Jahre im Geschäft und reagiert auf die Krisenbotschaften aus der Autobranche betont gelassen: „Das ist doch reine Vogel-Strauß-Politik“, sagt er. In diesem Jahr habe er den Umsatz halten können, aber 2009 „wird kein Glücksjahr“, räumt er ein.

Schon in diesem Jahr hat die Autobranche, an der in Deutschland jeder siebente Arbeitsplatz hängt, Grund zur Klage. Der Absatz wird auf das niedrigste Niveau seit der Wiedervereinigung sinken. Die Branche „schlittert auf die größte Schwächephase seit der Ölkrise 1973 zu“, sagte das „Handelsblatt“ voraus.

Die Rezession gebe es schon seit den Neunzigerjahren, „aber im Moment wird sie uns um die Ohren gehauen“, sagt Dietz. Doch statt zu klagen, will er sich noch intensiver darum kümmern, was man anpacken könne, um die 20 Arbeitsplätze in seiner Firma zu halten. Die große Politik hat der Mittelständler als Helfer längst abgeschrieben. Sie verteile bloß Gelder an die Großindustrie, „und der Mittelstand darf die Zeche zahlen“.

„Gebrauchtwagen, die stehen bei uns im Moment“, berichtet Dietz. Die Steuererhöhung beim Diesel habe dafür gesorgt, dass vor allem der Markt mit gebrauchten Dieselfahrzeugen um 30 Prozent eingebrochen sei. Er machte die Probe aufs Exempel und bot im Internet ein Modell 2000 Euro unter dem Tiefstpreis an – ohne Verkaufserfolg. Das zeige: „Es ist nicht der Preis, sondern der Dieselmotor“. Dabei sei das fehlende Geld weniger das Problem. Vielmehr hielten sich die Verbraucher angesichts der Wirtschaftsflaute mit Ausgaben zurück und würden zugleich von den Medien zum Feilschen verleitet, mit 40, 50 Prozent Abschlägen. Die Devise laute: „Drückt die Händler, bis sie nicht mehr können!“ Dietz setzt dagegen mit Service und Angeboten, wie Pauschalpreisen für Inspektionen.

Dietz setzt auf engagierte Mitarbeiter, die seien „das Herz der Firma“, sagt der Seniorchef, dessen drei Söhne sich gerade in die Geschäfte einarbeiten. Leicht werden sie es nicht haben. Der Aufbau des Geschäftes in den Sechzigerjahren sei schöner und einfacher gewesen, als es heute zu halten. „Ich muss so arbeiten, dass ich meine Leute halten kann“, betont Dietz.

Fehlende Käufer sind nicht das Problem der Bad Vilbeler Hyundai-Händlerin Beate Bredler-Völkel. In diesem Jahr habe sie sogar mehr Autos verkauft – und dennoch weniger Gewinn gemacht. Der Grund: Kunden interessierten sich jetzt fast nur noch für preiswerte Fahrzeuge, die es bei Hyundai schon ab 8250 Euro neu gibt. Deswegen hat die Händlerin auch keine Gebrauchtwagen auf Halde. Neuzugänge würden bei Preisen von 5000 Euro gleich weiterverkauft.

Die Mischkalkulation, bei der die teureren Modelle für ausgewogene Gewinne sorgten, fehle. Für den Gewinn, den ein großes Auto abwerfe, müsse sie vier kleine verkaufen, erläutert Bredler-Völkel. Das hat auch ihr Mann, der VW-Händler Uwe Völkel, gemerkt. Obwohl auch bei ihm die Zahl der verkauften Autos stagniere, wirke sich dieser Umbruch hin zu Preiswert-Modellen seit dem Anstieg des Benzinpreises deutlich aus.

Rabatt sei wegen der niedrigen Preise nicht mehr drin, sagt die Hyundai-Händlerin. Dafür biete sie den Umbau der Motoren für den Autogas-Betrieb an. Außerdem habe sie bei einem Preisvergleich mit zehn Händlern, auch Discountern, gemerkt, dass sie den preiswertesten Reifenwechsel anbiete. Es komme für sie nicht in Frage, den Kopf in den Sand zu stecken und die Jobs ihrer 15 Mitarbeiter in den beiden Autohäusern und der gemeinsamen Werkstatt zu gefährden, betonen die Völkels.