Veröffentlicht am

Baggern für Nidda-Natur – Fluss soll am Kurhaus „erlebbar“ werden • Stiftung stemmt sechsstellige Investition

Vor dem Bad Vilbeler Kurhaus wird derzeit eine Bucht für die Nidda gegraben. Damit geht die Renaturierung eines 250 Meter breiten Uferbereiches in die heiße Phase.

Bad Vilbel. Als Baggerführer braucht man viel Feingefühl, denkt der Beobachter. Denn hoch oben auf einem Erdhügel steht die Baumaschine, direkt darunter geht es steil bergab zur Nidda. Deren Bett wird gerade neu gemacht und erweitert. Über den Sinn des Ganzen sagt der Gewässerökologe Gottfried Lehr: „Das ist dann kein Kanal mehr, sondern ein richtig schöner Fluss mit zwei Innenflüssen“.

Auf der Höhe des Hallenbad-Spielplatzes entsteht gerade die erste von zwei Ausbuchtungen. Über die Kosten, die von der Gerty-Strohm-Stiftung getragen werden, macht Lehr keine Angaben. Sie lägen jedoch, betont er, „im sechsstelligen Bereich“.

Bis zur Bauphase gab es für die Planer jede Menge Feinabstimmung zu bewältigen. Obgleich nur 250 Meter lang, sei die Strecke gefühlte drei Kilometer lang, sagt Lehr. Es gab großen Abstimmungsbedarf: Die Baustelle Neue Mitte, der Park mit seinem Baumbestand, mögliches Hochwasser, eine Mineralwasserleitung und der wenige hundert Meter flussaufwärts befindliche Nidda-Messpegel mussten berücksichtigt werden, erläutert Diplomingenieur Harald Lütkenhaus-Kopp von der Oberen Wasserbehörde des Darmstädter Regierungspräsidiums (RP).

Auf drei bis vier Renaturierungsprojekte komme das RP jährlich, doch Bad Vilbel sei „mit Abstand die Kommune mit der meisten Renaturierung im Wetteraukreis“. Lehr erinnert daran, dass er sich dafür seit 1989 engagiere. In seiner Kindheit sei die Nidda ein toter Kanal gewesen, der Main sei so verschmutzt gewesen, dass man dort Filme entwickeln konnte. Heute könne man in Gronau vor der Haustür Biber und Eisvögel entdecken. Doch während es am Niddaknie bei Gronau Schutzzonen gibt, soll die Nidda in der Innenstadt an mehreren Stellen zugänglich und überhaupt erst einmal sichtbar werden – zumindest bis zum Ufer. In die jetzt vor dem Hallenbad ausgebaggerte Bucht wird schon heute oder morgen das erste Wasser fließen. In der Flussmitte werden mit Steinaufschüttungen zwei kleine Inseln entstehen. „Nach drei Jahren ist das grün“, erwartet Lehr. „Hier sollen die Menschen hin“, wirbt Lehr für den angestrebten Zustand.

Umweltpädagogische Angebote machten dort Sinn. Auch der Boden der Mediathek soll transparente Flächen enthalten, durch die die Besucher der im Bau befindlichen Büchereibrücke auf die darunter vorbeifließende Nidda blicken können. Schon im nächsten Frühjahr könne man sich im Kurpark auf eine Bank am Ufer setzen, den schönen Fluss betrachten, auf dem Inseln, kleine Kiesbänke und im Flachwasser auch Fische zu entdecken seien, verspricht Lehr. Die Sitzbänke kommen, wenn die Renaturierung beendet ist und die Stadt den jetzt am Hallenbad vorbeiführenden Weg neu anlegen wird, erläutert Stadtsprecher Bastian Zander.

Wegen der Enge vor Ort wird die Sanierung Stück für Stück vom Hallenbad Richtung Mediathek voranschreiten. Zeitgleich soll nächste Woche der Bau der Hochwassermauer beginnen, die 80 Zentimeter hoch wird. „Bis Weihnachten ist alles fertig“, sagt Lehr – wenn das Wetter mitspielt. Im Moment läuft es noch ideal, die Erde ist recht trocken. Und sie ist wertvoll. Auch wenn im Moment noch Reste von Leitungen aus der Erdmasse heraushängen – der Boden selbst ist wertvoller Lößlehm- und Mutterboden, erläutert Lütkenhaus-Kopp.