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Betrogene Betrüger – Die Proben für die Eröffnung der Burgfestspiel-Saison laufen auf Hochtouren

Bad Vilbel. Mir seiner turbulenten Komödie „Der Revisor“ aus dem Jahre 1836 hielt der ukrainische Schriftsteller Nikolaij Gogol der korrupten, zaristischen Gesellschaft einen Spiegel vor. Bei der Uraufführung soll sich selbst der Zar köstlich amüsiert haben. An Aktualität hat das Stück bis heute nichts verloren, wie ein Blick auf die Schlagzeilen zeigt. Korruption ist weltweit in allen gesellschaftlichen Schichten und Bereichen von Politik und Wirtschaft gegenwärtig.

Gogols Stück gehört zu den vier Eigenproduktionen der diesjährigen Burgfestspiele. Mit ihm wird am 8. Juni die neue Spielzeit eröffnet. Die Proben haben am ersten Mai begonnen. Regisseur Harald Demmer, sein Assistent Christian Voss, Regiehospitant Peter Krassmann, die elf Schauspieler, das Ausstatterteam von Oliver Kostecka und alle Akteure hinter der Bühne arbeiten konzentriert an der Inszenierung. Regisseur Harald Demmer verlegte die Handlung in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Zentraler Ort, des über vier Tage gehenden Geschehens, ist das in abstrahierter Form dargestellte Bürgermeisteramt einer Kreisstadt in der Nähe von St. Petersburg. Hier herrschen Bestechung, Betrug, Schlamperei, Günstlingswirtschaft und Willkür. Ein unrechtmäßig geöffneter Brief verkündet die Ankunft eines Revisors, eines Kontrollbeamten. Die Nachricht versetzt die Honoratioren in Panik. Alle haben Dreck am Stecken, haben Bestechungsgelder gezahlt und angenommen, öffentliche Finanzen veruntreut, haben sich Posten zugeschanzt. Der angekündigte Kontrolleur kann alles ans Tageslicht bringen und alle Beteiligten zur Rechenschaft ziehen. Eine turbulente Komödie nimmt ihren Lauf.

Gogol überschrieb seine Komödie mit dem Sprichwort „Man soll den Spiegel nicht schelten, wenn er eine Fratze zeigt“. Der vermeintliche Beamte aus St. Petersburg ist selbst ein Hochstapler, der schnell die Situation begreift. Während alle Beteiligten ihr Rückgrat verbiegen, um einen Skandal zu vermeiden, vergisst der „Revisor“, wer er ist. Gogol schrieb ironisch: „Alle werden sich einig sein, dass es eine solche Stadt in Russland nicht gibt. (…) Kurz, eine Stadt wie diese haben wir nicht. Nicht wahr? Und wenn nun diese Stadt unsere seelische Stadt darstellt und sich bei jedermann festgesetzt hat? Der Revisor hat kein Ende.“ (fau)