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Bürger müssen mit anpacken! – Künftiger Bürgermeister Rahn (CDU) über den Wechsel in Karben und ein neuer Stil in der Politik

2010 wird für Karben ein Jahr des Wechsels: Nach 40 Jahren endet die Regentschaft der SPD. Mit Guido Rahn wird ab 1. April erstmals ein CDU-Bürgermeister die Stadt regieren. Wie er einen neuen Stil ins Rathaus und frischen Schwung in die Gesellschaft bringen will, fragen ihn Jürgen W. Niehoff und Dennis Pfeiffer-Goldmann.

Herr Rahn, was haben Sie bis April vor?

RAHN: Wir bereiten schon den Übergang vor. Man kann schon einiges planen, um gleich loszulegen.

Mit was legen Sie los?

RAHN: Es wird als Allererstes eine Dienstversammlung geben. Die Mitarbeiter müssen als Erste erfahren, was sich ändert – vom Stil und von der Einteilung her.

An Sie werden Erwartungen gestellt. Wie gehen Sie damit um?

RAHN: Wir bereiten uns akribisch vor. Die Menschen sollen zum nächsten Jahresende sehen: Da hat sich etwas getan, zum Positiven.

Auf was müssen sich die Mitarbeiter der Stadtverwaltung einstellen?

RAHN: Es muss niemand, der seine Arbeit richtig und engagiert macht und nicht blockiert, Angst um seinen Job haben. Aber wir müssen die Ärmel hochkrempeln. Der Erste Stadtrat Gerd Rippen scheidet zum 31. März aus, ein paar Monate später der Zweite Stadtrat. Diese Arbeit muss verteilt werden.

Auf wen?

RAHN: Insbesondere auf die Amtsleitungen und die ehrenamtlichen Stadträte. Wir wollen die Verwaltung neu strukturieren. Aber das sollen am 1. April zunächst die Mitarbeiter erfahren.

Also wollen Sie ganz auf hauptamtliche Stadträte verzichten?

RAHN: Ja. Wir werden im nächsten und übernächsten Jahr ohne hauptamtliche Stadträte arbeiten. Das bringt uns 2010 eine Ersparnis von 100 000 Euro, ab 2011 jährlich 200 000 Euro. Damit können wir mehrere Erzieherinnen gegenfinanzieren. Bis zur Kommunalwahl wird kein Stadtrat eingestellt.

Wer übernimmt die Arbeit?

RAHN: Die Fachbereichsleitungen und die ehrenamtlichen Stadträte müssen mehr machen. Mit ihnen habe ich zum Teil schon gesprochen, und sie sind bereit dazu.

Wer erhält welche Zuständigkeiten?

RAHN: Das wollen wir erst im Gesamtpaket bekanntgeben.

Können Sie sich das auch mit einer SPD-Stadträtin vorstellen?

RAHN: Ja. Ich bin da offen. Wir wollen nicht so weitermachen wie SPD und Grüne nach dem Motto: ,Wir sind die Regierung, und die anderen haben nichts zu melden.‘ Wir wollen einen anderen Stil zeigen und andere einbeziehen.

Wird es auch einen ehrenamtlichen Ersten Stadtrat geben?

RAHN: Ja.

… FWG-Fraktionschef Michael Ottens?

RAHN: Das geht nicht. Er ist nicht im Magistrat, und dort kann keine Veränderung mehr stattfinden.

Was haben Sie sich für Ihr erstes Jahr vorgenommen?

RAHN: Das fängt an mit der Stadtentwicklung. Es muss bis Weihnachten 2010 erkennbar sein, dass der Subway nicht mehr isoliert im Stadtzentrum steht. Wir sind guter Hoffnung, dass wir die Grundstücke verkaufen und dass dort gebaut wird.

Ist dort ein Altenheim geplant?

RAHN: Ja, aber direkt anschließend an Subway. An der Ecke Luisenthaler und Bahnhofstraße soll kein großer Baukörper entstehen, sondern kleinere Häuser.

Wird der Kindergarten im Stadtzentrum 2010 gebaut?

RAHN: Das hängt vom Bürgerbegehren der SPD ab. Wenn das wirklich gestartet wird, können wir dort schlecht anfangen. Dann würden wir ja einen Kindergarten für Große und Kleine planen, und das Bürgerbegehren fordert, dass dort nur kleine Kinder betreut werden.

Das klingt jetzt nicht nach vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der SPD.

RAHN: Ich bin enttäuscht, dass Einzelne in der SPD immer noch blockieren wollen. Das Konzept mit 50 Kleinkindern im Stadtzentrum ist nicht gewünscht. Die Menschen wollen Betreuung vorort.

Was werden Sie umsetzen?

RAHN: Die Kinderbetreuung ist unser zweites großes Thema. Wir werden nächstes Jahr mindestens 30 neue Plätze für unter Dreijährige schaffen – je zehn bei Montessori in Klein-Karben, im Zauberberg in Groß-Karben und in Okarben.

Haben Sie sich beim Ausbau der B 3 in eine Sackgasse manövriert?

RAHN: Nein. Wichtiger sind für mich die Sachen, die in dieser Wahlperiode auch zu machen sind. Was nützt es, 15 Varianten für die B 3 zu diskutieren, und die Nordumgehung geht uns derweil vor die Hunde? Der Spatenstich dort müsste nächstes Jahr kommen. Da haben wir noch das Berufsbildungswerk und die Naturschutzverbände als Problempunkte.

Wie wollen Sie die Probleme lösen?

RAHN: Wir haben mit den Naturschutzverbänden schon Gespräche geführt. Künftig sollen diese bei städtischen Planungen frühzeitig einbezogen werden. Manche Ideen kann man ja aufnehmen und zusammen etwas erreichen. Wenn zum Beispiel der BUND gegen ein Vorhaben wie die Nordumgehung klagt, die bei 90 Prozent der Bevölkerung völlig unstrittig ist, wird es schwierig, politische Mehrheiten für Projekte wie die Nidda-Renaturierung in Klein-Karben zu finden. Das ist ein Geben und Nehmen.

Also ist die Nidda-Renaturierung der Preis für die Nordumgehung?

RAHN: Wir wollen in Vorlage gehen und auch im Haushalt 2010 schon Geld bereitstellen. Ich habe bereits mit dem Gewässerökologen Gottfried Lehr aus Bad Vilbel gesprochen. Er könnte uns ein Gesamtkonzept für die Renaturierung in Karben erstellen.

Wird Karben die „Stadt im Grünen“ bleiben?

RAHN: Auf jeden Fall! Wir können Gewerbegebiete am BBW und am Toom-Markt entstehen lassen, ohne den Charakter unserer Stadt zu zerstören. Sie soll endlich in ihrer Mitte zusammenwachsen, um den Bahnhof herum.

Wie geht es mit dem Hallenfreizeitbad weiter?

RAHN: Wir wollen das Schwimmbad erhalten, und bis Ende 2010 soll erkennbar sein, dass dort etwas getan wird. Eine Privatisierung wird es nicht geben.

Droht Karben unter Bürgermeister Rahn unsozialer zu werden?

RAHN: Das ist ein Popanz der SPD. Dabei vergessen die Genossen nur immer, dass sie mit Geld gar nicht umgehen können. Was ist unsozialer, als knapp 60 Millionen Euro Schulden aufgetürmt zu haben? Wir haben bei den freiwilligen Leistungen so gut wie gar nichts gekürzt, sie lediglich gedeckelt.

Wie lösen Sie das Finanzproblem?

RAHN: Nur mit Sparen ist das nicht lösbar. Wir müssen neue Einnahmemöglichkeiten erschließen.

Also höhere Steuern und Gebühren?

RAHN: Nein, wir wollen neue Betriebe ansiedeln. Derzeit können wir ihnen keine Flächen anbieten. Deshalb wird die erste, wirklich wichtige Amtshandlung sein, das Gewerbegebiet am Toom-Markt zu erschließen und mit Betrieben zu füllen. Auch Bevölkerungszuwachs bringt Einkommensteuer. Bei 1000 neuen, berufstätigen Einwohnern gewinnen wir eine bis 1,2 Millionen Euro an Einkommensteuer.

Also hat das Projekt Luxushügel Groß-Karben ebenfalls Priorität?

RAHN: Es gibt bei uns keine Luxushügel, sondern eine ausgewogene Siedlungsstruktur. Wenn ich Bauland mit etwas größeren Grundstücken schaffe für Bürger, die etwas mehr Geld haben, profitiert die ganze Stadt davon – durch Steuereinnahmen und Kaufkraft.

Wo muss die Arbeit der Stadt besser werden?

RAHN: Etwa bei der Wirtschaftsförderung. Das soll ein eigenes Ressort werden, um das sich ein ehrenamtlicher Stadtrat kümmert. Otmar Stein ist meine erste Wahl, er ist der richtige Mann dafür.

Wie sieht es dann mit den anderen Parteien aus?

RAHN: Auch die können ehrenamtlich eingebunden werden – zum Beispiel in Kommissionen. Bei den vielen Problemen im Verkehrsbereich zum Beispiel: Da wird die Verwaltung beschäftigt, obwohl es auch eine Verkehrskommission mit Ehrenamtlichen abfedern könnte.

Gilt das nur für Politiker?

RAHN: Nein! Wir müssen auch die Bürger direkt einbinden. Wir können es uns nicht mehr leisten, für alles hauptamtliches Personal zur Verfügung zu stellen – ob das Jugendarbeit ist, Soziales oder sonstwo. Es gibt viele engagierte Bürger, die gerne etwas machen möchten. Etwa in Sportvereinen.