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Debatte um bezahlbaren Wohnraum

Bad Vilbel. Eine intensive Debatte haben sich die Bad Vilbeler Grünen in der Stadtverordnetenversammlung mit der CDU-SPD-Koalition geliefert.
Die größte Oppositionspartei hatte einen Antrag gestellt, der vorsah, bezahlbaren Wohnraum in den Liegenschaften in der Konrad-Adenauer-Allee zu realisieren. Jens Matthias bezeichnete die vergangene Woche als »interessante und aufschlussreiche Woche für alle, die sich für das Thema bezahlbaren Wohnraum interessieren«. Im Planungs-, Bau- und Umweltausschuss hatten die Wohnungsbaugesellschaften berichtet, dass sie in der Quellenstadt kaum Chancen für weiteren Wohnraum sehen (diese Zeitung berichtete). Matthias blickte dann auf die Konrad-Adenauer-Allee in Dortelweil. Dort hätten die Eigenbetriebe ein Wohnhaus mit 74 Wohneinheiten errichtet. »Ganz ursprünglich war geplant, dort ein Haus größtenteils mit bezahlbaren Wohnungen zu bauen. Durch unsere Anfrage kommt nun ans Tageslicht, dass nur eine Wohnung unter 8,50 Euro pro Quadratmeter vermietet wird.«
Die Grünen stellten deshalb den Antrag, der Magistrat solle die Eigenbetriebe anweisen, bei Neuvermietung von Wohnungen in den Liegenschaften Konrad-Adenauer-Allee 12-22 und 99- 109 auf eine angemessene Verteilung der Wohnungen an Menschen mit niedrigen, mittleren und höheren Einkommen zu achten. Mindestens aber sollten acht Wohnungen zu einem Mietpreis unter 8,50 pro Quadratmeter vermietet werden. Außerdem solle über die Vermietungssituation in der Liegenschaft jährlich Bericht erstattet werden.
Minkel kritisiert
»fehlende Sachkenntnis«

Jens Matthias führte aus, dass er für die Argumentation aus dem Ausschuss, dass die Liegenschaften in diesem Modell nicht »kostendeckend« seien, kein Verständnis habe. »Seit wann sind Sozialleistungen kostendeckend? So sieht Politik aus, die sich auf der Sonnenseite des Lebens bewegen will, aber für Menschen mit echten sozialen Härten kein Herz hat.« Es gebe auch in Bad Vilbel eine ausgeprägte Wohnungsnot für Menschen mit geringem Einkommen. Es sei zynisch, wenn man das negieren würde. »Müssen diese Menschen erst obdachlos werden, bevor wir sie sehen und hören? Wir sind eine reiche Stadt. Wir haben Möglichkeiten und können ein paar mehr Wohnungen für ein paar Euro weniger vermieten.«
Dieser Beitrag stieß auf wenig Gegenliebe. Stadtwerke-Geschäftsführer Klaus Minkel bezeichnete ihn als »nicht von Sachkenntnis geprägt«. Das Begehren nach 7,50 Euro pro Quadratmeter laufe ins Leere, weil der Wetteraukreis die Mietobergrenze auf 8,50 Euro erhöht habe. »Somit würden wir nicht die Bedürftigen entlasten, sondern die Kostenträger.« So ein Vorschlag sei also finanztechnisch völlig unsinnig.
Die Baugenossenschaft realisiere derzeit ein Projekt in Massenheim. Allerdings gebe es dort Schwierigkeiten wegen der Haushaltsprobleme in Berlin. Auch in Gronau am ehemaligen Bahnhof würde ein Projekt mit 30 Wohnungen umgesetzt. »Allerdings sind diese Stadtteile bei den Zielgruppen auch nicht sonderlich beliebt.« Die Einwohnerzahl in Bad Vilbel sei extrem gestiegen. »Wir würden weitere Wohnungen nicht für Bad Vilbeler bauen, sondern für den Zuzug aus Frankfurt.«
Auch Karl-Peter Schäfer (CDU) betonte, dass der Eigenbetrieb sich am Mieter orientiere. Matthias hätte viele »falsche Fakten« geliefert.
Bürgermeister Sebastian Wysocki (CDU) erläuterte, dass von 72 Neubauwohnungen insgesamt 48 für 10,50 Euro und weniger vermietet werden. Im Ausschuss hätten alle erfahren, dass ein Neubau unter 20 Euro pro Quadratmeter kaum darstellbar sei. Er könne die Kritik daher nicht nachvollziehen. Insgesamt 165 Wohnungen seien zudem noch bis mindestens 2046 in der Sozialbindung. Lucia André (SPD) führte aus, dass eine gute soziale Mischung das »A und O« sei. Es bringe schließlich nichts, nur in einem Segment zu vermieten.
Fraktionsvorsitzender Tobias Grabo (Grüne) fand diese Ausführungen alles andere als »christlich und sozial«. »Wir müssen dafür sorgen, dass Bad Vilbel nicht nur ein Ort für Besserverdiener ist.« (wpa)