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Die Wetterau wählt rot

Die künftige Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik und die Wetterauer SPD-Vorsitzende Lisa Gnadl freuen sich im Friedberger Kreishaus nach der Auszählung über den Wahlerfolg ihrer Partei. Foto: Nicci Merz
Die künftige Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik und die Wetterauer SPD-Vorsitzende Lisa Gnadl freuen sich im Friedberger Kreishaus nach der Auszählung über den Wahlerfolg ihrer Partei. Foto: Nicci Merz

Von David Hessler

SPD-Bewerberin Natalie Pawlik holt auch das Direktmandat

Wetteraukreis. Die Wetterau ist wieder rot: Die SPD holte die meisten Stimmen im Landkreis und auch das Direktmandat: Natalie Pawlik hat das Rennen gegen den CDU-Mann Armin Häuser gewonnen – wenn auch knapp. Peter Heidt (FDP) darf seinen Sitz im Deutschen Bundestag aller Voraussicht nach behalten.

Mit rotem Dress und rotem Lippenstift tritt Natalie Pawlik selbstbewusst im Friedberger Landratsamt in den Plenarsaal. Eine Frau, die für die SPD lebt. Armin Häusers Gesichtsausdruck kann man trotz Atemschutzmaske erahnen. Seine Enttäuschung und die aller CDU-Vertreter ist greifbar. Zwar haben sich die beiden bis zuletzt ein knappes Rennen geliefert, doch lag Pawlik den ganzen Abend vorne. Am Ende waren es etwa 1700 Stimmen mehr. Ein Ergebnis, das sie »mit sehr viel Demut« entgegennehme, wie Pawlik versichert.

Mit 29 Jahren wird die Bad Nauheimerin, die erst mit sechs Jahren als Spätaussiedlerin nach Deutschland kam, eine der jüngsten Frauen im Bundestag sein. Trotz des knappen Ausgangs (29,6 zu 28,3 Prozent) ist ihr Erfolg beachtlich: Vor allem in den östlichen Kommunen des Wahlkreises 177 (Wetterau I) holte sie deutlich mehr Stimmen als CDU-Mann Häuser, und in vermeintlichen Hochburgen der Union wie Bad Nauheim oder Bad Vilbel ist sie auf Augenhöhe. Wenn man bedenkt, dass die SPD in den Umfragen vor einem Jahr bei 15 Prozent lag, wie die Parteivorsitzende Lisa Gnadl am Abend anmerkt, ein starkes Ergebnis.

Zur Erinnerung: Die Union stellt in der Wetterau seit 2009 den oder die Direktkandidaten/in. Dass Pawlik nach 2017 zum zweiten Mal antreten durfte, hatte sie ihrem guten Ergebnis vor vier Jahren zu verdanken, als sie den favorisierten Bundestagsabgeordneten Oswin Veith doch deutlich mehr Stimmen abnahm als dieser sich hätte vorstellen können.

„Politik der Veränderung“
Pawlik ist in der hessischen SPD exzellent vernetzt. Die Büroleiterin des SPD-Europaabgeordneten Udo Bullmann weiß als Juso-Vorsitzende im Bezirk Hessen-Süd und Fraktionsvorsitzende der Bad Nauheimer SPD die Partei hinter sich – entsprechend viele Kräfte konnte sie im Wahlkampf mobilisieren. Nicht nur dank der Erfahrungen von 2017 machte sie dabei eine gute Figur, spulte etliche Termine ab und traf auch auf Youtube und Instagram (2472 Abonnenten) den richtigen Ton. Nun will die in Berlin eine »Politik der Veränderung« mittragen.

»Es lag nicht an ihm«, nimmt CDU-Parteichefin Lucia Puttrich ihren Kandidaten in Schutz und gibt die Schuld für die Niederlage an die Bundes-CDU weiter. Häuser habe sich »der Strömung nicht entziehen« können. Er sei enttäuscht, sagt der frühere Bad Nauheimer Bürgermeister und jetzige Wetterauer Kreistagsvorsitzende.

Der FDP-Bundestagabgeordnete Peter Heidt durfte nach kurzer Stippvisite weiter bei seiner Wahlparty feiern. Mit gut elf Prozent holt der Bad Nauheimer sein bisher bestes Erststimmen-Ergebnis und freut sich über die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung seiner FDP. Dank Listenplatz 7 darf er sein Büro in Berlin behalten, das er 2019 als Nachrücker für Nicola Beer bezogen hatte.

Die Grünen-Kandidatin Michaela Colletti holte fast 14 Prozent der Stimmen, war dennoch nicht ganz zufrieden. Sie hätte sich »mehr Stimmen fürs Klima« gewünscht. Den beiden Bad Nauheimern in Berlin gab sie mit auf den Weg, dass dieses Thema ganz oben auf der Prioritätenliste zu stehen habe.

Abgeschlagen blieben der AfD-Kandidat Andreas Lichert mit 8,4 Prozent, Cenk Gönül (FWG) mit 3 Prozent, Julian Eder von den Linken mit 2,88 Prozent, Pirat Stephan Flindt, mit 1,18 Prozent und Querdenkerin Eva Rosen (die Basis) mit 1,79 Prozent.

Die detaillierten Zahlen des vorläufigen Endergebnisses (auch zu allen Einzelergebnisse der Städte und Gemeinde) sind auf der Internetseite des Wetteraukreises (www.wetteraukreis.de) unter den Rubriken »Politik« und »Wahlen« zu finden.