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Ein Herz für Trakehner – Das Spitzenpferd ist der selbstgezogene 17-jährige Fuchswallach Mon Acteur

Bad Vilbel. Verspielt tänzelt das langbeinige Fohlen auf der Koppel, um dann doch Lutz Weylands lockenden Rufen zu folgen. Er streckt behutsam die Hand aus, lässt sich von dem im März geborenen Trakehner-Stutfohlen Allegra beschnuppern. Es ist der jüngste Spross im kleinen, aber feinen Stall des Massenheimer Dressurreiters Weyland. Das Spitzenpferd ist der selbstgezogene 17-jährige Trakehner-Fuchswallach Mon Acteur, mit dem Weyland schon zweimal Hessenmeister wurde. Dieses Jahr wurde er in Alsfeld Vize. Seit 2002 meistert er mit Mon Acteur auch die Königsklasse der Springreiter, den Grand-Prix.

Amateur Weyland (36) hat Mon Acteur selbst ausgebildet und ist damit eine Ausnahmeerscheinung unter Hessens Reitern. Seinen Job als Diplom-Bankkaufmann in einer Frankfurter Bank hat er vor zwei Jahren an den Nagel gehängt und widmet sich ganz Pferden und Reitsport. Fünf Turnier- und Zuchtpferde stehen in Massenheim. Seine Ausritte sind vielen ein vertrauter Anblick.

Für den edlen Trakehner-Nachwuchs im Stall sorgt Actrice, eine Vollschwester von Mon Acteur. Viel Hoffnung ruht auf ihren Fohlen, denn es ist dieselbe Blutlinie wie bei Mon Acteur. Die kleine eigenwillige Schönheit Allegra (von Cadeau) auf der Koppel ist das jüngste Fohlen und bereits ein Sieger. Auf der Trakehner-Fohlenschau im Gestüt Hörstein hat es die Bestnote 9,0 bekommen, wurde Siegerstutfohlen. Zu Recht, findet jedenfalls Weyland, denn Allegra sei ein ausgesprochen elegantes, leichtfüßiges Fohlen mit großem Bewegungstalent, ganz im Typ des Trakehners stehend.

Die Pferderasse feiert dieses Jahr ein Jubiläum: Vor 275 Jahren, 1732, wurde das Hauptgestüt Trakehnen in Ostpreußen gegründet und bis heute leben die damals entstandenen Zuchtlinien fort.

Noch bis zum Spätsommer wird das Fohlen seiner Mutter auf Schritt und Tritt folgen und aufmerksam die Ohren spitzen, wenn Lutz Weyland ruft. Im Oktober bringt Weyland es zu einem befreundeten Züchter in Nordhessen, damit das Pferd dort unter gleichaltrigen Fohlen aufwachsen kann. „Das ist für Pferde die natürlichste Form der Aufzucht“, erklärt Weyland. Die Jungtiere bräuchten Auslauf auf großen Koppeln und die Gemeinschaft einer Herde Gleichaltriger.

Erst wenn Allegra drei Jahre alt sein wird, wird Weyland sie zurückholen und als Sportpferd ausbilden. Doch bis dahin ist noch eine lange Zeit.

Weyland weiß, dass auch ein erfolgversprechendes Fohlen Pech haben kann. Ein Unfall, eine Verletzung – schon sind alle Hoffnungen dahin oder zumindest für einige Zeit auf Eis gelegt. Weyland hat das schon erlebt, denn seine Stute Actrice, die ebenso wie ihr Bruder Mon Acteur von Weylands erstem Pferd Alexa und dem Trakehnerhengst Anduc abstammt, konnte nach einer Verletzung nicht mehr als Sportpferd eingesetzt werden. Doch in der Zucht ist sie zum großen Hoffnungsträger für Weyland geworden.

Drei Fohlen hat Actrice bereits geboren, Allegra ist das vierte und jüngste. Das erste Fohlen wurde verkauft, das zweite und dritte hat Weyland behalten. Beide stammen von dem Hengst Solero, Gestüt Tannenhof. Der zweijährige vielversprechende Hengst Aragon steht zur Zeit auf dem Gestüt Hörstein und wird später auch einen so großgewachsenen Reiter wie Weyland tragen können. Denn bei aller Freude über das jüngst geborene Stutfüllen wünscht sich Weyland viel männlichen Fohlen-Nachwuchs, denn die entwickeln sich zu deutlich größeren und kräftigeren Sportpferden. Wie eben „Mon Acteur“, den muskelbepackten und dennoch eleganten Riesen, den Weyland nun schon seit 1993 reitet.

Einen Nachfolger für ihn zu finden wird schwer werden, das weiß Weyland. Auf jeden Fall hat das temperamentvolle Füllen Allegra mit dem glänzenden braunen Fell sein Herz erobert. „Erst einmal großziehen, dann sehen wir weiter“, sagt er dennoch vorsichtig. Im kommenden Jahr wird der Massenheimer mit der Ausbildung von Aragon beginnen.