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Es lebe die freie Liebe – Das Musical „Hair“ feierte Premiere bei den Bad Vilbeler Burgfestspielen

Beifallsstürme für die Premiere von „Hair“ bei den Burgfestspielen: Die Musical-Inszenierung begeisterte das Publikum, das zum Schluss Zugaben einforderte.

Bad Vilbel. Mit dem Musical „Hair“ lassen die Burgfestspiele Bad Vilbel den „Sommer der Liebe“ erblühen. Das hierbei nicht alles eitel Sonnenschein ist, erlebten die Premierengäste am Donnerstagabend hautnah: Ein heftiger Sturm wütete über der Burg und zerrte gewaltig an dem Tribünengerüst und den Planen. So manches Glas ging klirrend zu Bruch. Nach verkürzter Pause, wegen des Unwetters, wie Burgfestspiel-Intendant Klaus Kunzmann kundtat, prasselte ein gewaltiger Regenguss aufs Theaterdach und die Zuschauer nieder.

Auch die freie Liebe hat ihre Tücken, wenn auch jede mit jedem schlafen kann, so gibt es doch Vorlieben und Gefühle, die nicht erwidert werden. Die Kraft der Leidenschaft entfaltet Regisseur Daniel Ris in der Liebe, in dem Aufbegehren gegen das Establishment, der Ablehnung des Krieges und einen „freien“ Lebensstil. Und hier sind gerade die Gruppenszenen, wenn sich die Clique zum Gruppenkuscheln auf die Empore zurückzieht (und die Bühne leer bleibt), und in vielen Tanzsequenzen überzeugend. In diesen vielen Momenten kommt das Flower-Power-Lebensgefühl auf, hat Daniel Ris die Inszenierung zu mehr als nur zu einem bunten Kostümfestival entwickelt. Wobei die Kleiderauswahl von Inge Medert treffsicher und stimmig ist.

Die Rahmenhandlung vor der sich die Lebenswelt der „Langhaarigen“ ausbreitet, ist kurz erzählt: Claude, der Junge vom Land, hat seinen Einberufungsbefehl bekommen und möchte sich vor Eintritt in die Armee in New York umsehen. Dort trifft er auf die Hippie-Gruppe um Berger (Korbinian Arendt) und Sheila (Paulina Plucinski), taucht ein in das aufregende, ganz andere Lebensgefühl, macht seine ersten Drogenerfahrungen. Doch am Ende entscheidet er sich gegen die Hippies, weil er nicht so in den Tag hineinleben kann, weil er ein Ziel braucht. Jannik Harneit gibt überzeugend den hin- und hergerissenen Claude, der sich eine Zeit lang, mit innerem Widerstand, treiben lässt, aber dann doch die Uniform anzieht. Fast entrüstet lehnt er etwa den Vorschlag von der schwangeren Jeannie (Angelina Arnold überzeugt schauspielerisch wie gesanglich) ab, sie zu heiraten, um so der Armee zu entkommen.

Allerdings erhalten die einzelnen Ensemblemitglieder wenig Raum zur Entfaltung. Die Spielszenen sind kurz und dienen der Überbrückung zwischen den Musikstücken. Am deutlichsten kann sich Korbinian Arendt als Berger in Szene setzen, was er gut genutzt hat. Er gibt einen wahrhaften Anführer der Hippies.

Wie im Rausch

Überzeugt hat das Ensemble vor allem mit seiner gesanglichen und tänzerischen Leistung. Die Choreografien von Kati Farkas entfalten weit ab von Formationen eine innere Dynamik, in der die Tänzerinnen und Tänzer in ihrem (psychedelischen) Rausch schwingen, rucken und zucken, sich trotz Zusammenhalts, individuell ausdrücken.

Das Musical wird von der rockigen Musik getragen, viele der bekannten Songs werden, in der deutschen Version, überzeugend und ausdrucksstark gesungen. Victoria Müller als Dionne eröffnet glänzend mit dem Song „Aquarius“ und lässt aufhorchen. Die Erwartung ist gleich angestachelt und wird nicht enttäuscht, auch wenn es mal irritiert, dass bekannte Melodien wie „Ain’t got no“ kaum wiedererkennbar sind oder wenn Anklänge von Schlagerseligkeit auftauchen.

Höhepunkte sind sicherlich die kollektiven Rauscherfahrungen, die Daniel Ris in starken Bildern umsetzt. Ganz besonders goutiert das Publikum die Szenen kurz vorm Ende, in denen die Musicaldarsteller viel Haut zeigen. Wenn dann Kriegsdonner am Horizont auftaucht, die Akteure in schwarze Wintermäntel gehüllt dastehen, möchte man, auch angesichts der bisherigen Temperaturen, mit einstimmen in dem beseelt vorgetragen Song „Let the Sunshine in“.

Das Musical „HAIR“ wird wieder am Donnerstag, 27. Juni, sowie am 28. und 29. Juni, 20.15 Uhr aufgeführt. Am Sonntag, 30. Juni, beginnt die Musical-Aufführung schon um 18.15 Uhr. Vor jeder Vorstellung gibt es jeweils eine Stunde zuvor ein kostenloses Einführungsgespräch im Theatersaal der Alten Mühle. Karten kosten in den verschiedenen Kategorien zwischen 26 und 38 Euro im Vorverkauf sowie 29 und 41 Euro an der Tageskasse. Das Kartenbüro, Klaus-Havenstein-Weg1, Telefon (06101) 559455, hat Mo bis Fr von 9 bis 20.15 Uhr, Sa von 9 bis 13 Uhr sowie von 18 bis 20.15 Uhr und So von 10 bis 11 Uhr und 17 bis 18.15 Uhr geöffent.