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Freiluft-Galerie kehrt zurück

Ein Foto vor dem »ersten« Bild: Künstler Sebastian Stehr (links), seine Partnerin Martina Sommer und Kurt Liebermeister. Foto: Patrick Eickhoff
Ein Foto vor dem »ersten« Bild: Künstler Sebastian Stehr (links), seine Partnerin Martina Sommer und Kurt Liebermeister. Foto: Patrick Eickhoff

 

Bad Vilbel. Das wird viele freuen. Wer in diesen Tagen an der B3-Lärmschutzwand in Dortelweil spazieren geht, der könnte Künstler Sebastian Stehr bei der Arbeit sehen. Nachdem seine bekannte Freiluft-Galerie wegen eines Workshops komplett übermalt worden war, macht er sich nun wieder ans Werk.
Auf zwei Jahre harte Arbeit folgte Anfang Juni der Schock für Sebastian Stehr. Seine Freiluftgalerie zum Thema »Was ist Liebe?« an der Lärmschutzwand in Dortelweil wurde für einen Graffiti-Workshop beim Quellenfest übersprüht. In den sozialen Netzwerken brach ein Sturm der Entrüstung los. Der Bad Vilbeler und vor allem seine Werke waren schließlich nicht nur bei vielen Dortelweilerinnen und Dortelweilern beliebt, sondern auch auswärtige Radfahrer und Spaziergänger nutzten die großen Werke, um einen Moment innezuhalten.

Was ist Liebe?
Jetzt folgt die Rolle rückwärts. Die Galerie soll zurückkehren. Die Organisation zur Umsetzung von Graffiti-Arbeiten, Prävention und Gestaltung liegt beim Stadtmarketing Bad Vilbel. Dessen Vorstandsvorsitzender Kurt Liebermeister sagt: »Wir haben die Flächen exklusiv für ihn gesperrt und es wird auch keine Workshops mehr geben, bei denen diese Werke übersprüht werden. Diese Wand bleibt jetzt die Freiluft-Galerie.« Die Aktion rund um den Workshop sei »missverständlich« gewesen. Deshalb habe man zügig das Gespräch mit Sebastian Stehr gesucht. »Wir sind froh, dass er die Arbeit wiederaufgenommen hat.«
Das erste Werk zum Thema »Was ist Liebe« hat Stehr bereits wieder angefertigt. »Bis ich wieder 26 Bilder habe, wird das mit Sicherheit ein bis zwei Jahre dauern«, bedauert der Künstler, der seit mehr als 30 Jahren malt. Von sich selbst abmalen wolle er jedenfalls nicht. »Das ergibt keinen Sinn. Ich habe bereits mit neuen Texten angefangen.« Doch natürlich würde sich so eine Wand nicht in einer Stunde bemalen. »Ich versuche, so oft es geht hier zu sein.«

»Was ist Liebe?« soll Denkanstöße mit auf den Weg geben. Die Kombination aus verfremdeten Selbstportraits und nachdenklichen Texten zeichnet die Schwarz-Weiß-Reihe aus. Die ersten Reaktionen auf sein neues Werk gibt es bereits. »Ich wurde angesprochen, wie schön es denn sei, dass ich wieder da bin. Das freut mich natürlich ungemein.« Das gelte auch für die Reaktionen vor zwei Monaten. »Natürlich war es schön, zu sehen, dass viele die Kunst verteidigt haben und wollten, dass sie bleibt.« Das sei eine schöne Art der Bestätigung. »Das entschädigt zumindest ein bisschen dafür, dass so viele Werke verloren gegangen sind.«

Stehr hat ein Ziel vor Augen. »Ich möchte ein Buch veröffentlichen.« Das soll den Titel »Was ist Liebe – Philosophische Graffiti – 100 Wände« tragen. Denn: Die Werke sind nicht nur in Bad Vilbel zu sehen. »Ich habe sie in ganz Deutschland verteilt«, berichtet Stehr, der unter anderem von einem Bild aus Hamburg berichtet. Zu sehen sind diese auf seinem Instagram-Account (siehe Info-Kasten). Zwischen 60 und 70 habe er bereits. »In Bad Vilbel kommen ja jetzt wieder neue dazu.« Finanzielle Unterstützung erhält er dabei vom Stadtmarketing.

Bei einem Treffen an der Wand ist Kurt Liebermeister sichtlich erfreut darüber, dass die Wand wieder entsteht. Besonders die Augen des Bildes haben es ihm angetan. »Egal, wo man steht, das Kind schaut einen an. Das ist wirklich hohe Kunst.«
Sebastian Stehr nimmt diese lobenden Worte gerne zur Kenntnis. Eine bestimmte Technik wende er dafür nicht an. »Das ist unterbewusst. Es passiert einfach.« Er hofft, mit seinen neuen Werken wieder zum Nachdenken anregen zu können. Denn schließlich gehe es nicht nur darum, schöne Bilder zu malen. »Ich möchte den Menschen etwas mitgeben.«

Sebastian Stehr bei Instagram: Sebastian Stehr stellt seine Werke bei Instagram auf seiner Seite »indian_t2b« digital aus. Dort gibt es auch Einblicke in die Entstehungsprozesse. Wer den Künstler kontaktieren möchte, mailt an sebkunst@gmx.de.

 Von Patrik Eickhoff