Veröffentlicht am

„Genagelt ist meine Zunge…“

Portrait-Aufnahmen von Hilda Stern Cohen auf dem Cover einer CD-Produktion.
Portrait-Aufnahmen von Hilda Stern Cohen auf dem Cover einer CD-Produktion.

„Genagelt ist meine Zunge / an eine Sprache, die mich verflucht, / hineingehämmert / in meine Ohren / mit den Tönen der Liebe, / und des fressenden Hasses.“

Bad Vilbel. Diese Gedichtzeilen der Holocaust-Überlebenden Hilda Stern Cohen bilden den Titel einer Lesung mit Gitarrenmusik, zu der für Donnerstag, 30. Oktober, 19.30 Uhr ins Kulturzentrum Alte Mühle eingeladen wird. Der Eintritt ist frei.

Die Schauspielerin Lilli Schwethelm und der Musiker Georg Crostewitz vom Büdinger theater mimikri stellen Lyrik und Prosa dieser in Deutschland kaum bekannten Dichterin vor.

Hilda Stern, geboren 1924 in einem Dorf im Vogelsberg, und dort aufgewachsen, war gerade erst 21 Jahre alt, als sie das Ghetto Lodz, das KZ Auschwitz und den Todesmarsch überlebt hatte. In einem Camp in Österreich wartete sie auf ihre Auswanderung in die USA.

In dieser Zeit entstanden die meisten ihrer Texte und Gedichte, die die Erfahrungen der vergangenen Jahre spiegeln – die Ausgrenzung, den Hunger, den Tod; zugleich sind sie Erfahrungen mit einer Sprache, die Hilda Stern liebte – und die zur Sprache von Mördern geworden war, denen auch ihre Großeltern, Eltern und ihr geliebter Freund zum Opfer fielen.

Holocaust-Literatur

Werner Cohen, der mit Hilda Stern fast 50 Jahre verheiratet war, fand die Texte nach dem Tod seiner Frau (1997) in ihrem Nachlass. William Gilcher, Mitarbeiter des Goethe-Instituts in Washington, sandte sie 2001 an die Arbeitsstelle für Holocaust-Literatur der Universität Gießen, die sie gemeinsam mit der Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung zu Lich als Buch herausgegeben hat. Veranstalter der musikalischen Lesung in der Alten Mühle sind die Lagergemeinschaft Auschwitz – Freundeskreis der Auschwitzer, der Bad Vilbeler Verein für Geschichte und Heimatpflege und der Fachbereich Kultur der Stadt.

Die Lesung ist Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung „Legalisierter Raub“, die der Hessische Rundfunk und das Fritz-Bauer-Institut noch bis zum 30. November im Kurhaus zeigen. Die Ausstellung ist dienstags bis freitags jeweils von 17 bis 19 Uhr geöffnet, samstags von 11 bis 16 Uhr und sonntags von 12 bis 17 Uhr. Termine außerhalb dieser Zeiten können unter der Telefonnummer (0 61 01) 55 93 14 ebenso vereinbart werden wie Gruppenführungen. (hir)