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Machen Sie’s gut Herr Kommissar: Leiter der Polizeistation Bad Vilbel geht in den Ruhestand

In seiner langen Karriere bei der Polizei hat es sich manchmal so angefühlt, als habe er auf der Wache gewohnt: Polizeihauptkommissar Jürgen Werner. Foto: Fauerbach
In seiner langen Karriere bei der Polizei hat es sich manchmal so angefühlt, als habe er auf der Wache gewohnt: Polizeihauptkommissar Jürgen Werner. Foto: Fauerbach

Er liebt Krimis und ist bei Autoren wie Daniel Holbe als Berater gefragt: 44 Jahre bei der Polizei haben Jürgen Werner genügend Stoff geliefert, um eine ganze Bibliothek mit seinen Geschichten füllen zu können. Im Oktober geht der Hauptkommissar in Pension.

 

Bad Vilbel. Seine erste Streife als blutjunger Polizist wird Jürgen Werner sein Leben lang nicht vergessen. „Wir wurden Zeugen eines Bus-Unfalls. Sechs Kinder und zwei Mütter sind im Kleinbus verbrannt“, erinnert er sich. „Man konnte ihnen nicht mehr helfen.“ Das war 1976 in Hanau, zwei Jahre war Werner erst bei der Polizei. Es sollte nicht der letzte Einsatz sein, der ihn nachhaltig prägte.

Die Entführungen des Bankierssohns Jakob von Metzler, das Bombenattentat der RAF auf Alfred Herrhausen, die Demonstrationen auf der Flughafen-Startbahn-West, das Gladbecker Geiseldrama – all das hat sich in sein Gedächtnis eingebrannt. „Zu den Schattenseiten des Berufes gehört der Umgang mit Verletzten und Toten“, sagt der heute 59 Jahre alte Hauptkommissar. Es sei jedes Mal schwierig, Angehörigen sagen zu müssen, dass ein Familienmitglied gestorben ist.

„Polizist zu sein, bedeutet auch Arbeit mit und am Menschen“, sagt Werner. „Auf der einen Seite vertreten wir den Rechtsstaat, auf der anderen Seite übernehmen wir seelsorgerische Aufgaben.“

Selten zu Hause

Den Ausgleich zum bewegten Polizistenleben suchte Werner stets bei der Familie, aber auch im Sport oder auf Reisen. „Für mich hatte es in den letzten Jahren einen höheren Stellenwert, Familie und Beruf in Einklang zu bringen“, erzählt er nun, wenige Wochen, bevor er in den Ruhestand geht. „Früher habe ich manchmal auf den Kalender geschaut und mich gefragt: Wann war ich das letzte Mal zu Hause?“

Am 4. November 2013 übernahm Jürgen Werner die Dienststellenleitung der Polizeistation Bad Vilbel und Karben und wurde Vorgesetzter von 50 Mitarbeitern. Im Wechselschichtdienst arbeiten immer rund Dreiviertel von ihnen.

Die Bilanz des Hauptkommissar? Positiv. „Bad Vilbel war eine angenehme Dienststelle und Stadt. Die Polizei wird hier ihren Aufgaben gerecht“, so Werner. „Wir konnten nach fünf Jahren einen deutlichen Rückgang in der Kriminalitätsstatistik verzeichnen. Heute haben wir rund 400 Straftaten weniger als noch 2013.“

Ob Fahrraddiebstähle, Autoknackerei oder Wohnungseinbruch: „Wir haben die Aufklärungsquote deutlich gesteigert, haben keine Kinder- und Jugend-Kriminalität mehr und so gut wie keine Gewaltdelikte (Raub, Körperverletzungen, Überfälle) im öffentlichen Raum“, erklärt der Polizei-Chef.

Stelle ausgeschrieben

Dies sei vor allem bei Großveranstaltungen wie dem Vilbeler Markt oder den Burgfestspielen mit bis zu 500 000 Besuchern bemerkenswert. Und alles trotz ausgedünnter Personaldecke. Die Polizeistation in Bad Vilbel zu übernehmen, dürfte seinem Nachfolger jedenfalls kaum Probleme bereiten: Die Räume seien zeitgemäß ausgestattet und die Zusammenarbeit mit Politik, Vereinen,und Kirchen gut – vor allem bei der Prävention. „Ich bin mit dem Produkt Sicherheit in Bad Vilbel und Karben nach fünf Jahren zufrieden“, sagt Werner.

Seine Stelle wird im Oktober frei und ist bereits ausgeschrieben. Geleitet wird sie bis zur Besetzung durch Polizeihauptkommissar Frank Ihle. „Die hessische Polizei ist mit den vielen jungen, gut ausgebildeten Leuten für die Zukunft gut aufgestellt. Die jungen Leute sind unser Kapital“, sagt Werner.

Seinem Wunsch, den Hessentag 2020 als Polizist mitzumachen, hat die Wiesbadener Zentrale trotz aller Verdienste nicht entsprochen. Nun wartet die Pension. Für seinen Ruhestand hat Jürgen Werner sich ein Wohnmobil gekauft. „Damit sind wir ab Herbst unterwegs, am liebsten Richtung Meer.“ Auch Rad- und Motorradfahrten hat er mit seiner Frau fest eingeplant und die Quellenstadt will er hin und wieder besuchen – vor allem wegen ihres kulturellen und kulinarischen Angebots. Seine drei Kinder sind erwachsen. (fau)