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Mattscheibe ade! – reizeitangebote in Kooperation mit den Schulen • Wenn der PC zur Geißel wird

Die klassische Jugendarbeit ist im Umbruch. Im neuen Halbjahresprogramm des städtischen Freizeitangebotes im Efzet finden sich fast keine PC-Kurse für Kinder mehr. Die Computer-Fixierung ihrer Kinder sei für Eltern schon zur Geißel geworden, heißt es. Dafür setzt man verstärkt auf die Kooperation mit Schulen.

Bad Vilbel. „Sucht euch einen Partner“, sagt der Maintaler Judo-Lehrer Rainer Dötsch – und flugs liegen die Dritt- und Viertklässler der Bad Vilbeler Saalburgschule zu zweit auf der Matte, rangeln regelkonform miteinander. Warum? „Weil es Spaß macht“, sagt Gordon (8), der auf den Geschmack kam, weil auch seine Mutter Judo trainierte. Außerdem spielt der Junge Fußball – und das mit den japanischen Judo-Begriffen, das sei „auch nicht so schwer“. „Richtig fallen, fair kämpfen“, das seien die Lernziele, erklärt Dötsch. Und freut sich, dass die wilden Kerle trotzdem sehr diszipliniert übten. Für ihn ist das auch Nachwuchswerbung, denn vier bis fünf Schüler blieben „hängen“, machten bei seinem Verein weiter. Allerdings breche das Sport-Engagement mit der fünften Klasse oft abrupt ab, weil den Schülern dann die Zeit fehle.

Das merkt auch Efzet-Chef Thomas Kahler. Es gebe eine so große Palette an Interessen und eine so knappe Zeit, die von Schule, Hausaufgaben, Vereinen, Musikschule, Fußball beansprucht werde. Wo bleibt da das Efzet Freizeitzentrum? Schwierig ist das Geschäft geworden, machen Kahlers Erläuterungen deutlich. Vieles ist im raschen Wandel.

Für Kinder-Computerkurse, einst der Renner, gebe es keine Nachfrage mehr. Doch nicht, weil der Nachwuchs nicht mehr vor dem PC sitzen will – im Gegenteil. In jedem Kinderzimmer stehe ein Computer. Die Geräte seien für Eltern längst zur Geißel geworden, klagt Kahler auch aus eigener Erfahrung mit zwei Teenagern.

Zweieinhalb Stunden habe sein Sohn im PC-Chat verbracht, obwohl er mitten in Frankfurt wohne, erzählt Kahler: „Diese Zeit hättest du auch nutzen können, um mit deinen Freunden ins Café zu gehen“, sagte er ihm. Als beliebtes Einsteiger-Angebot im Efzet erweisen sich weiter die Zweirad-Angebote Dirt Bike und BMX.

Multimediaflut

Für den Efzet-Chef ist die Multimedia-Flut das größte Problem in der Jugendarbeit. „Die Kinder werden zugemüllt mit iPod, Playstation, Nintendo, xbox, der exzessiven Nutzung des sozialen Netzwerks Facebook.“ Oft sagten sie den Eltern, der PC sei notwendig für die Hausaufgaben, doch parallel sei immer ein Fenster für Facebook offen, so dass sie sich gar nicht auf ihre Arbeit konzentrieren könnten. Auch bei der jetzt abgeschlossenen Befragung, was sich die Massenheimer Jugendlichen in ihrer Freizeit wünschten, sei es oft darum gegangen, sich mit Freunden am PC oder zum gemeinsamen Herumhängen zu treffen.

Als Konsequenz will Kahler im Efzet verstärkt Aufklärung betreiben. Den „PC Führerschein“ gibt es schon als Nachmittags-Angebot für Kennedy-Schüler. Auch eine Informationsveranstaltung für Eltern soll es geben. Weil insgesamt die Nachfrage nach Computerkursen auch bei Berufstätigen gesunken sei, probiert das Efzet Neues aus. Das Pauken des Zehnfinger-Systems als emotionales Lernen mit einführenden Entspannungsübungen (ab 18. April).

Auch die Fotokurse werden weiter stark nachgefragt, starten am 5. März. Gut genutzt werden auch die Übungsräume von Hobby-Bands. Eine davon ziert als Coverfoto das Halbjahresprogramm. Das Bild mit den drei Jungs von „Instant Liberty“ sei im Gronauer Feld entstanden, verrät Kahler. Das Heft wurde mit einer Auflage von 15 000 Exemplaren verteilt. Immer wichtiger wird fürs Efzet die Kooperation mit Schulen. Solche freiwilligen Nachmittags-Angebote füllen bereits drei Seiten des Programmheftes: etwa die Koch-AG an der Regenbogenschule, Töpfern und Judo für die Saalburg-Grundschüler, Computern und Schülerzeitung mit den Kennedy-Schülern. Feste Angebote für Schüler des Büchner-Gymnasiums gibt es nicht, doch diese Schüler kämen oft aus eigener Initiative zu Fotokursen, so Kahler.

Kommerzielle Angebote erlebt er bereits als Konkurrenz, wenn etwa der Frankfurter Apple Store mit kostenlosen Kursen wirbt. Das entscheidende Argument für das Efzet seien die dortigen Sozialpädagogen, die auf Jugendliche einwirken, Vertrauensbeziehungen bilden können. Gerade wird am Programm für das zweite Halbjahr gefeilt.

Die neue Sozialdezernentin Gesine Wambach (FDP) habe angeregt, nach dem Schwerpunkt Jungs auch die Mädchenarbeit wieder zu verstärken, berichtet Kahler. Und vielleicht gebe es dann nach langer Zeit auch wieder einen Selbstverteidigungskurs für Mädchen.

Das Efzet bietet ab Februar Kurse über die Microsoft-Klassiker wie Word und Excel für Frauen, Anfänger und Fortgeschrittene sowie Adobe Photoshop. Es gibt ein Tonstudio sowie Werkstätten für Töpfern, Holz und Fahrräder – Motto: „Pimp my Drahtesel“. Für Vor- und Schulkinder werden Englisch und Judo angeboten. Außerdem startet am 21. Mai die Gruppe „Bewegte Mädels“. Informationen im Internet unter www.efzet-online.de und Telefon (0 61 01) 54 21 00.