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Mit der Straßenbahn von Frankfurt nach Bad Vilbel?

Neue Gruppierung und Parteien wollen das Projekt in einer Bürgerversammlung diskutieren

Bad Vilbel. In einem offenen Brief an den Magistrat, die Fraktionsvorsitzenden der Parteien sowie Stadtverordnetenvorsteher Oliver Junker hat die Gruppe »Demokratischer Austausch Bad Vilbel« auf die Verkehrssituation in der Quellenstadt aufmerksam gemacht. Die Forderungen sind eindeutig. Die Antworten der Stadt ebenfalls.

Mit ihrem Brief tritt die Gruppe erstmals an die Öffentlichkeit. Entstanden ist sie im Zuge der Bildung der neuen schwarz-roten Koalition (siehe Infokasten). In einem Brief widmet sich die Gruppe der städtischen Verkehrssituation. Die Mitglieder schreiben, dass in Bad Vilbel – nicht nur aufgrund der Baustelle der Deutschen Bahn – eine Kfz-Verkehrsdichte herrsche, die täglich massive Staus auf den Hauptverkehrsachsen mit sich bringt. »Damit verbunden sind Beeinträchtigungen und Gefährdungen anderer, nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmender bis hin zu deren Verdrängung aus kurzen und direkten Wegstrecken. Die Lebensqualität und die Luftqualität im Bereich der von den Staus betroffenen Straßen werden massiv beeinträchtigt.«

Indirekt würde auch die Lebensqualität all derjenigen Bürgerinnen und Bürger Bad Vilbels geschmälert, die für ihre täglichen Wege andere Verkehrsmittel als das Auto bereits nutzen oder gerne nutzen würden. In dem Brief heißt es weiter, dass Großprojekte wie Therme und Baugebiete die Situation verschärfen würden.

Anreize für den Umstieg vom Pkw auf den ÖPNV
Die Stadt Bad Vilbel solle als Mitgliedskommune des Regionalverbands FrankfurtRheinMain ebenso wie als Gemeinde in der Wetterau ihren Teil zur Schaffung von Anreizen für den Umstieg von Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) beitragen.

Der Fokus wird schnell deutlich: Die Straßenbahn. Man müsse ein umfassendes Konzept erstellen, »in dem die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln beziehungsweise von Maßnahmen zur Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl berücksichtigt werden.«

Mit Berufung auf den Koalitionsvertrag
Ein wichtiger Baustein auf dem Weg hin zur Entwicklung eines entsprechenden integrierten Mobilitätskonzepts für die Regionen Frankfurt, Main-Kinzig-Kreis und Wetteraukreis könne – so die Gruppe – eine weiterführende Machbarkeitsstudie zum Projekt Straßenbahn im Anschluss an die hierzu bereits vorgelegte Potenzialstudie sein. »Dies deshalb, weil zu erwarten ist, dass eine solche Studie wichtige Hinweise zu einer ökologisch, das heißt umwelt- und klimaverträglich ausgerichteten Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur liefern wird, die zugleich die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden verbessert.«

Die Gruppe beruft sich auf den Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Darin heißt es: »Die Ergebnisse der Potenzialstudie für die Verlängerung der Straßenbahnlinie nach Bad Vilbel werden wir öffentlich vorstellen und diskutieren, ob im Fall eines positiven Ergebnisses eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden soll.«
Potenzialstudie
ist online einsehbar
Diese Potenzialstudie wurde im Juni 2021 abgeschlossen und auf der Website der Frankfurter Nahverkehrsgesellschaft traffiQ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Gruppe »Demokratischer Austausch Bad Vilbel« fordert deshalb zwei Punkte: » Informieren Sie die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Vilbel gemäß der Vereinbarung über die Ergebnisse der Potenzialstudie.« Außerdem solle die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegen werden.

Stadt-Pressesprecher Yannick Schwander sagt auf Anfrage: »Es soll eine Veranstaltung dazu geben, die als Bürgerversammlung stattfinden könnte. Aufgrund der Coronaverordnungen hätten wir diese bislang aber nur in sehr kleinem Rahmen abhalten können und das wäre dem Thema sicher nicht gerecht geworden. Sobald es jedoch sicher planbar ist, wird dieses Thema angegangen.«

Dem schließt sich CDU-Fraktionsvorsitzende Irene Utter an. »Das trifft es zu 100 Prozent. Das war auch unter Parteien soweit einvernehmlich. Ohne Bürgerversammlung wird es keine weiteren Schritte geben. Ende Mai könnte eventuell ein guter Zeitpunkt sein.«

Auch der Vorsitzende der Vilbeler SPD, Bernd Hielscher, bestätigt: »An der verabredeten und im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorgehensweise hat sich nichts geändert. Wir wollen diese Potenzialanalyse aber in einer Präsenzveranstaltung vorstellen, dies ist aufgrund der Pandemie aber bisher nicht möglich gewesen.« Dies habe man in der Sitzung des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses am 9. November öffentlich bestätigt. Hielscher sagt abschließend: »In Abhängigkeit des Stimmungsbildes werden wir entscheiden, ob eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden soll, diese wäre dann in Abstimmung mit Frankfurt zu beauftragen.«
Von Patrick Eickhoff
Sozialdemokratische Themen voranbringen

Die Gruppe »Demokratischer Austausch Bad Vilbel« beschreibt sich selbst als »freie Gruppe politisch interessierter Bürgerinnen und Bürger mit sozialdemokratischer Grundhaltung.« Man tausche sich untereinander aus, um einer »Verwässerung sozialdemokratischer Politik in Bad Vilbel entgegenzuwirken«. Aus Sicht der Gruppe erschwere die aktuelle Konstellation in der Bad Vilbeler Kommunalpolitik die Realisierung von Ideen, die im Programm der SPD zu Kommunalwahl festgehalten wurden. Stefanie Harbig sagt stellvertretend: »Uns ist es wichtig, dass Dinge nicht im Sand verlaufen.« Ihr ist wichtig: »Wir sind keine SPD-Gruppe, sondern offen für alle.«

Man suche gemeinsam und in gegenseitigem Respekt nach Wegen, um in Bad Vilbel sozialdemokratische Themen voranzubringen. »Dabei sehen wir unterschiedliche Meinungen nicht als Störfaktoren, sondern als Anstoß zum Perspektivwechsel und zur Erweiterung des Denkhorizontes.« Harbig sagt, dass man sich derzeit aber nicht persönlich treffe. »Wir tauschen uns per Mail aus. Wenn die Situation es zulässt, treffen wir uns natürlich auch.« Wer Interesse hat, meldet sich per Mail an demokratischeraustausch.bv@gmail.com. (wpa)