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Reden über Gott und die Welt – Das Alltägliche und die Religion • Warum sich Don Camillo bei einem echten Bad Vilbeler Pfarrer Rat holte

Bad Vilbel. Über Gott und die Welt unterhielten sich auf Einladung der Lokalzeitung der Don Camillo-Darsteller der Burgfestspiele, Joachim Bliese, und sein fachlicher Berater, der katholische Pfarrer Herbert Jung.

Wenn sich auf der Burgfestspielbühne der schlagfertige Pfarrer Don Camillo und der selbstbewusste Kommunist Peppone streiten, soll zumindest im Formalen alles eindeutig bleiben – vor allem der katholische Ritus. Ausdrücklich bat Camillo-Darsteller Bliese folglich auch um religiöse Hilfestellung – er bekam sie von Pfarrer Herbert Jung von der Sankt-Nikolaus-Kirchengemeinde. Er beschränkte sich auf Fragen wie „Trägt man beim Beten ein Birret?“

Bliese erinnert sich an die „sehr schöne Begegnung“, er habe Pfarrer Jung als „hilfreich und entgegenkommend“ erlebt. Das Original haben die beiden schon in den 1950er-Jahren, in den Filmen mit Fernandel kennengelernt.

Damals, so erinnert sich Jung, habe ihn die religiöse Note nicht interessiert, „mir hat das einfach nur Spaß gemacht“. Es müsse ja nicht alles gleich gesellschaftskritisch sein: „Man kann auch mal mit Wonne ein Eis essen.“ Bliese: „Ich möchte Volkstheater spielen – mit der gleichen Intensität, wie wenn ich in ,Faust’ auftrete.“

Zum Schauspiel kam Joachim Bliese auf Umwegen. „Ich habe erst Volkswirtschaft in Hamburg studiert“, erzählt er. Doch sein Dekan habe die Dichtkunst als „Spinnerei ohne volkswirtschaftlichen Mehrwert“ verworfen. „Da hab’ ich 1959 die Uni verlassen und bin auf eine Schauspielschule gegangen.“

An der aktuellen Burg-Inszenierung gefällt Jung, dass weniger das Heilige, sondern vielmehr das Alltägliche thematisiert werde. Das Gespräch mit Jesus sei „wie ein Gebet mit Jesus“, meint Bliese. „Kann man so sagen“, bestätigt Jung. Die Religion sei heute das größte Tabu, findet er, „die intimste Stelle.“ Das Stück stelle das Religiöse auch nicht in Frage, sondern stelle es als etwas dar, „das mitten im Leben vorkommt“. Allerdings, so meint Jung, haben sowohl Pfarrer als auch Kommunist ihren Anteil an dem ausgewachsenen Konflikt: „Sie gehen aufeinander los, weil sie den Bildern verhaftet sind“ in ihrer Selbstgerechtigkeit und Ideologie. Doch das werde schnell aufgebrochen, ganz so, wie Jung es auch theologisch für sinnvoll hält: „Es gibt kein Menschsein ohne Verfehlung“. Unfehlbarkeit gebe es auch in der katholischen Kirche „nur an einer Stelle“, beim Papst. Aber das Ideal, so Jung, „ist der Mensch, der zu seinen Fehlern steht.“

Diese Sichtweise schätzt auch Schauspieler Bliese. Der Pfarrer-Darsteller kann die Welt seines Bühnen-Gegenübers Peppone verstehen und er bedauere, dass nach dem Ende des Sozialismus ein Korrektiv weggefallen sei, „der Kapitalismus schlägt jetzt wilde Purzelbäume“.Doch das Stück zeige auch, woran es oft fehle: „Wenn man nicht in der Lage ist, zu Menschen Nähe zu entwickeln, dann wird’s schwierig in der Gesellschaft.“ Das Publikum folge aufmerksam und gespannt den nachdenklichen Dialogen, habe er bei den 20 ausverkauften Vorstellungen immer wieder gespürt, so Bliese über diese Erfolgsinszenierung. Er ist auch ein Konservativer: „Dieses ewige Erreichbar-sein-müssen per Internet – wer hat das den Leuten eigentlich empfohlen?“ „Selbst im Sinne der Bibel ist Gott nicht jederzeit erreichbar“, unterstützt Pfarrer Jung seine Ansichten: „Dieses Rund-um-die-Uhr, da kriege ich einen Anfall“, gesteht Jung.

Bleibt die Frage, ob der Bühnen-Pfarrer gut gespielt ist. „Mit dieser Frage kann ich nichts anfangen“, sagt Jung: „Da gibt es viele Messlatten.“ Ihm habe das Stück jedenfalls sehr gut gefallen, wobei er sich weniger auf das Theologische konzentriert habe, sondern auf Überlegungen, etwa wie: „Was ist das für ein Dorf, was ist das für ein Miteinander?“

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Die vier letzten Vorstellungen dieser sehenswerten Komödie stehen am Freitag, 27. August, Samstag, 28. August, Sonntag, 29. August und am Montag, 30. August, jeweils um 20.15 Uhr im Programm des Burgfestspiele.

Eintrittskarten zum Preis zwischen 35 und 16 Euro sind im Kartenbüro der Burgfestspiele, unter Telefon (06101) 559455, via E-Mail tickets@bad-vilbel.de oder auch am Kiosk Hildebrand, Am Marktplatz 2, in Bad Vilbel, unter der Rufnummer (06101) 500661, erhältlich.