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Reformation in aller Munde

Das Wort zum Sonntag

Matthias Gärtner
Matthias Gärtner

Man kann der „Reformation“ und dem beginnenden großen Jubiläumsjahr einfach nicht entkommen. Was hat es nur mit dem Ereignis in Wittenberg vor 499 Jahren und den kirchlichen wie politischen Umwälzungen in der Folge auf sich?

Ein frommer Mönch und kluger Bibelprofessor schlug 95 Thesen an die Schlosskirche und rief zur Diskussion über das Ablassunwesen auf. Offenbar war das damals kein theologisches Randthema. In kürzester Zeit zeigte sich die Sprengkraft dieser Sätze: Schluss mit der Geschäftemacherei mit den Sünden- und Höllenängsten der Menschen! Ein ruhiges Gewissen kann man sich nicht erkaufen. Damals wie heute nicht.

Und außerdem: Das Evangelium von Jesus Christus ist eine wirkliche Freiheitsbotschaft! Wo bleibt die Freude darüber? Und wo die guten Werke? Das geht uns Christen auch heute noch an.

Martin Luther steht für eine klare Sprache angesichts großer Nöte. Wir können von ihm lernen, mutig und konsequent unser Christsein zu bekennen und es zu leben. Und das konfessions- und kirchenübergreifend. Und auf alle Menschen bezogen. Und die am meisten leiden – bei uns und anderswo, sollen die ersten Adressaten unseres Redens und Handelns sein. Machen wir doch unsere Augen und Ohren und vor allem die Herzen auf! Und der Mund sollte die Güte Gottes nicht verwässern und kleiner machen als sie in Wahrheit ist.

Ich wünsche mir ein Reformationsjubiläumsjahr, das die ängstliche und allzu oft engstirnige wie engherzige Christenschar neu aufwühlt und in Bewegung bringt. Unsere Mitmenschen in der Nähe und in der Ferne sollen die Freuden- und Freiheitsbotschaft des Evangeliums hören und erfahren. Durch wen denn sonst als durch uns?!

Kirche hat vom Ursprung her einzig den Sinn, unheilvolle Wege des Denkens und Handelns zu verändern: Tut Buße! Denkt von Gott größer, der uns zu Partnern und Gehilfen seiner Liebe zu allen Menschen und zu dieser Erde machen will!

Die erste der 95 Thesen, dass unser ganzes Leben unter dem Ruf zur Umkehr steht, reicht eigentlich schon aus, um Kirche Jesu Christi zur ersten Adresse umwälzender Ideen zu machen, die unsere Welt verändert. Zum Guten hin. Jedenfalls zum Besseren.

Wo also stinkt’s bei uns und den Kirchen zum Himmel, weil wir zu klein vom Evangelium denken und es somit verraten? Wir alle brauchen den Weckruf der Erneuerung! Hören kann ihn jeder, der selber das Evangelium liest. Ohne Bibel läuft da nichts. Also: Lies darin! Für die Wirkung sorgt Gott selber.

Matthias Gärtner, Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Dortelweil