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Ritter Bechtram geköpft – Frankfurter Ansprüche – und er darf nicht einmal mit den Saubeuteln streiten

Bad Vilbel. Stolz schritt Ritter Bechtram V. durch das Tor in seine schmucke Vilbeler Burg, um dort den Bürgern zu erzählen, wie aus einem Staatsbeamten ein Raubritter wurde. Ins Mittelalter entführte Hans Tuengerthal als Ritter Bechtram mehr als 40 Bad Vilbeler bei der Kostümführung „Die Herren von Vilbel“.

„Ich bin Ritter Bechtram V., geboren 1372 und leider schon am 27. August 1420 geköpft“, teilte der Rittersmann mit. Er sei gebildet, könne Latein lesen und sprechen und stamme aus dem bis in die Stauferzeit zurückreichenden Geschlecht des Walter von Welwile. Tuengerthal erläuterte die „tiefgreifenden sozialen Veränderungen“, die aus ihm, einem redlichen Staatsbeamten, einen verfolgten Raubritter hatten werden lassen. Auslöser sei der Verlust der Staatsgewalt des Heiligen Römischen Reiches ab 1350 gewesen. Der Kaiser, schilderte Tuengerthal, machte den Kurfürsten Zugeständnisse. Die Städte erstarkten, und in ihnen hatten Handelsleute das Sagen.

Bis dato habe die Aufgabe von Bechtram und der anderen Ritter von edlem Geschlecht darin bestanden, auf den Reichsstraßen Ordnung zu halten, den Landfrieden zu sichern, Brücken zu kontrollieren, Wegelagerer und Diebe einzusammeln und zur Verurteilung zu bringen. „Und damit wir das machen können, müssen wir als Ritter trainieren, denn mit einem Schwert zu kämpfen, das verlangt Übung und kostet Kraft.“

Auch für seine Pferde und deren Verpflegung müsse er bei geringem Salär selbst aufkommen, berichtete der Ritter und klagte über arrogante Handelsleute, die sich auf dem Weg nach Friedberg mit den Wirten anlegten. Ein Streit mit der Freien Reichsstadt Frankfurt habe 1391 / 92 in einem Vertrag mit dieser geendet. Für 500 Gulden habe er die Interessen der Stadt wie die des Reiches vertreten sollen. „Die stellen Ansprüche in Frankfurt. Da darf ich noch nicht einmal mit den Saubeuteln streiten. 1394 werde ich vom Zentgrafen und Heimburger (Gemeindepfleger) ermahnt. Ab 1397 gings rund“, berichtete Bechtram. „Da schrieb der Landrichter von Vilbel an König Wenzel, mir zu verbieten, dass Frankfurt Verbündnisse gegen den König und damit den Kaiser mache.“ 1398 geriet Bechtram in einen Händel mit Dieter von Katzenellenbogen und Johann von Cronberg.

Die Schuld an diesem Streit habe man natürlich allein ihm zugeschrieben. Söldner der Stadt Frankfurt nahmen ihn mit seinen beiden Knappen wegen angeblicher Wegelagerei gefangen. Ritter Bechtram wurde vor dem „Bockenheimer Thore“ hingerichtet. Mit Bechtrams Tod waren die Fehden nicht beendet, berichtete der Stadtführer. „Bis 1500 war die Welt noch in Ordnung, 1522 brachen die Bauernkriege aus, welche die Weltordnung der neuen Eliten erschütterte. Die Fürsten waren von Gott eingesetzt, und Zweifel an den Priestern kamen Lästerungen gleich.“ Im alten Ortskern von Vilbel sind vier Bauten aus dem Mittelalter erhalten. Es sind die zu Beginn des Mittelalters errichtete Burg, die zur Sicherung der Verkehrswege und Reisenden als Rastplatz diente. Von ihrem Brunnen aus soll es, so Tuengerthal, einen geheimen Gang unter der Nidda entlang zum Dottenfelderhof geben. Ihr Wassergraben habe weniger dem Schutz, sondern mehr als Fäkaliengrube gedient. Die Alte Mühle symbolisiere an ihrer historischen Stelle das wichtige „Wasserrecht“.

„Der Müller durfte soweit fischen, wie er mit seiner Axt vom Wehr aus werfen konnte.“ Weitere Zeugnisse des Mittelalters sind, so Tuengerthal, die dem Heiligen Alban gewidmete Auferstehungskirche und das Ende des Mittelalters errichtete Alte Rathaus. „Ebenfalls aus dem Mittelalter bis heute erhalten sind die Lage, Größe und Grenzen der Stadt und ihre Rechtstitel wie der Gemeindewald.“

Im vergangenen Jahr gab es in Bad Vilbel insgesamt 89 Stadtführungen, davon 47 in historischen Kostümen. An den Führungen nahmen zwischen 15 und 89 Bürger teil.