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Schwarz-rote Koalition steht

Haben den Koalitionsvertrag unterzeichnet (von links): Thomas Stöhr, Sebastian Wysocki, Udo Landgrebe, Irene Utter, Tobias Utter, Tom Rademacher, Lucia André, Janis Ahäuser, Christian Kühl, Bernd Hielscher, Mirjam Fuhrmann. Foto: Privat
Haben den Koalitionsvertrag unterzeichnet (von links): Thomas Stöhr, Sebastian Wysocki, Udo Landgrebe, Irene Utter, Tobias Utter, Tom Rademacher, Lucia André, Janis Ahäuser, Christian Kühl, Bernd Hielscher, Mirjam Fuhrmann. Foto: Privat

Sozialdezernat wird nun hauptamtlich geleitet

Bad Vilbel. In der größten Stadt des Wetteraukreises regieren ab sofort CDU und SPD. Am Donnerstag der vorigen Woche haben beide Parteien zeitgleich Mitglieder und Vorstand darüber abstimmen lassen – mit positivem Ergebnis. Im 20-seitigen Koalitionsvertrag haben CDU und SPD festgehalten, was sie in den kommenden Jahren angehen wollen. Künftig soll es unter anderem einen hauptamtlichen Sozialdezernenten sowie eine Umweltkommission geben.

Rund vier Wochen nach der Kommunalwahl ist es beschlossene Sache: In Bad Vilbel regieren ab sofort CDU und SPD. Zunächst hatten die Vilbeler Christdemokraten Verhandlungen mit den Grünen aufgenommen. Diese hatten bei der Kommunalwahl immerhin mit 29,44 Prozent die zweitmeisten Stimmen geholt. Nach jeweils zwei Sondierungsgesprächen mit SPD und Grünen teilte die CDU vor rund zwei Wochen mit, Verhandlungen mit den Sozialdemokraten aufzunehmen (wir berichteten).

Sieben ehrenamtliche Stadträte                                                                                                 »Seit 1946 stehen sich CDU und SPD in Bad Vilbel als politische Gegner gegenüber. Doch immer schon verbindet uns der Wettstreit um die besten Lösungen für Bad Vilbel. Nun übernehmen wir gemeinsam Verantwortung für unser Gemeinwesen«, so der CDU-Parteivorsitzende und Landtagsabgeordnete Tobias Utter, der die Verhandlungen auf CDU-Seite führte.

Die beiden stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Lucia André und Mirjam Fuhrmann ergänzen: »Es war ein äußerst ungewohnter Wahlkampf unter Corona-Bedingungen. Wir haben von knapp 16,8 Prozent der Wählerinnen und Wähler den Auftrag bekommen, unsere Wahlversprechen umzusetzen. Mit dem mit der CDU ausgehandelten Koalitionsvertrag haben wir ausgezeichnete politische Gestaltungsmöglichkeiten. Wir haben diese politische Chance ergriffen und werden sie nutzen.« Damit endet für die Bad Vilbeler SPD eine 44 Jahre andauernde Oppositionszeit.

Die vereinbarte Koalition gilt nicht nur für die Stadtverordnetenversammlung: Auch in allen Ortsbeiräten arbeiten CDU und SPD ab sofort zusammen. Wechselnde Mehrheiten schließen die Vertragspartner aus, wie in einer gemeinsamen Pressemitteilung mitgeteilt wird.

Die CDU stellt den Vorsitz des Haupt- und Finanz- sowie des Sozialausschusses, die SPD den Vorsitz des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses. Für die Wahl zum ehrenamtlichen Magistrat, der auf sieben Personen erhöht wird, werden CDU, SPD und FDP mit einer gemeinsamen Liste antreten. Die CDU behält außerdem das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Stelle des Ersten Stadtrats.

Eine merkliche Veränderung wird es im Sozialdezernat geben: Der oder die künftige Dezernentin wird nicht wie bisher ehrenamtlich, sondern hauptamtlich arbeiten. Das Vorschlagsrecht für die Besetzung obliegt der SPD.
Damit trage man dem Wachstum Bad Vilbels Rechnung: »Mit unserer Stadt wachsen auch die Herausforderungen im sozialen Bereich. Den Belangen der Bürgerinnen und Bürger in diesem Bereich können wir ehrenamtlich künftig nicht mehr gerecht werden«, erklärt dazu SPD-Fraktionschef Christian Kühl.

Eine Verkehrs- und eine Umweltkommission
Über die bereits bestehende Verkehrskommission hinaus richtet die neue Koalition wieder eine Umweltkommission ein: »Damit reagieren wir auf den Wunsch des Arbeitskreises Stadtwald«, sagt Irene Utter. Anfang März hatte eine Initiative mit Gunther Salomon und Christof Strohkark an der Spitze den »massiven Holzeinschlag« im Vilbeler Wald bemängelt. Über 1600 Unterschriften, 760 davon aus Bad Vilbel wurden an Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) übergeben. In der wiedereingerichteten Umweltkommission soll unter anderem der neue Forsteinrichtungsplan erarbeitet und in einer öffentlichen Versammlung mit Expertinnen und Experten sowie Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden. Danach findet die Beratung im Planungs-, Bau- und Umweltausschuss und die Beschlussfassung in der Stadtverordnetenversammlung statt.

»Lebendig, solidarisch, nachhaltig«
Utter betont, dass die Folgen der noch längst nicht überwundenen Pandemie für Wirtschaft, Gesellschaft noch nicht absehbar seien. Das gelte auch für städtische Finanzen. »In dieser Situation braucht Bad Vilbel stabile Verhältnisse.« Diese Stabilität soll der nun veröffentlichte Koalitionsvertrag bieten. Er trägt den Titel »Lebendig, solidarisch, nachhaltig: Die Krise überwinden – Bad Vilbel wächst zusammen«. Das zwanzigseitige Dokument gliedert sich in zwölf inhaltliche Abschnitte, beginnend mit dem Themenkomplex »Umwelt und Klimaschutz«, über Stadtentwicklung, Soziales und Mobilität bis hin zu Kultur, Digitalisierung und Finanzen.

Stabsstelle für Umwelt- und Klimaschutz
Die neue Koalition richtet eine Stabsstelle für Umwelt- und Klimaschutz ein. Zudem sollen die Aspekte Mobilität und Nachhaltigkeit zusammengeführt werden: Dazu wollen CDU und SPD Bus und Bahn, das Fahrrad und E-Mobilität weiter fördern und die Stadt vom Durchgangsverkehr entlasten. Auf neue große Baugebiete will die Koalition verzichten, stattdessen soll der Fokus darauf liegen, als Stadtgesellschaft stärker zusammenzuwachsen. : »Dazu wird sicherlich auch der Hessentag 2025 beitragen, den wir als Koalition ausdrücklich begrüßen«, so die CDU-Fraktionsvorsitzende Irene Utter.
Doch die neue Regierung will auch zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum schaffen, um dem Wohnungsdruck im Rhein-Main-Gebiet etwas entgegenzusetzen: In der kommenden Wahlperiode sollen von der Stadt mindestens 50 weitere bezahlbare Wohnungen errichtet werden.                                             Von Patrick Eickhoff

Der direkte Draht

Bad Vilbel. Im Zuge der Debatte rund um die Installation von E-Ladesäulen in Bad Vilbel ist auch die Diskussion um den »direkten Draht« im Bad Vilbeler Anzeiger hochgekocht. Die damalige Opposition von Grünen und auch der SPD warf Stadtrat und Stadtwerke-Chef Klaus Minkel Datenmissbrauch vor. Diesem Thema hat sich die neue schwarz-rote Koalition angenommen. Im Vertrag von CDU und SPD heißt es: »Grundsätzlich gilt, dass der direkte Draht als Mitteilung über die Politik des Magistrats beziehungsweise über wichtige gesellschaftliche Ereignisse berichtet.« Darüber hinaus haben die Dezernenten die Möglichkeit aus ihrem Bereich zu berichten. Diese Beiträge werden persönlich gezeichnet und die Magistratsmitglieder in Kenntnis gesetzt.
Der Koalitionsvertrag kann im vollen Wortlaut auf den beiden Internetseiten der Vertragspartner CDU und SPD nachgelesen werden. (Patrick Eickhoff)