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Sport als Medikament – Jens Rikus aus Karben lebt mit einem Spenderherzen und sammelt Weltmeisterschaftsmedaillen

Karben. Jens Rikus ist einer der erfolgreichsten Sportler Karbens. Das ist allerdings nur wenigen bekannt. Von Welt-, Europa- und Deutschen Meisterschaften kehrt er meist mit einer oder mehreren Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen zurück in die Wetterau. Gewonnen hat er sie im Einzel oder Doppel in den Sportarten Badminton, Radfahren und Leichtathletik. Und dies, obwohl dem 38-Jährigen im März 2005 ein Spenderherz transplantiert wurde.

Die Geschichte von Jens Rikus macht Mut: Menschen, die ein Organ transplantiert bekommen ebenso wie allen anderen. Sie ermuntert, trotz schwerer Schicksalsschläge nicht aufzugeben und zu kämpfen. So wie der gebürtige Korbacher (Nordhessen), der seit 2006 in Groß-Karben wohnt.

Jens Rikus war von Jugend an sportlich aktiv. Er spielte als Jugendlicher Fußball. Später kamen Squash, Badminton und Joggen hinzu. Bis zu seinem 33. Lebensjahr fühlte er sich topfit. Im Herbst 2004 verletzte er sich bei einem Squashspiel am Knie.

Vor der Operation wird routinemäßig ein EKG angefertigt. „Der Arzt sagte, dass etwas nicht in Ordnung sei“, erzählt Rikus. Das war untertrieben. Entdeckt hatten die Ärzte an seinem Herz einen Tumor in Golfballgröße. Im Dezember 2004 erfährt er im Uniklinikum Münschen, dass der Tumor gutartig ist. Operieren wollen ihn die Spezialisten aber nur, wenn ein Transplantat da ist. Bei der Suche nach einem Spenderorgan werden Herzfunktion, Gewicht-, Gewebemerkmale- und Blutgruppenübereinstimmung sowie das Alter von Spender und potentiellem Empfänger berücksichtigt. Spenderausweise gibt es in Arztpraxen, Apotheken und im Internet (Deutschen Stiftung für Organtransplantation).

Gemeldet werden die genannten Daten an das Eurotransplant-Zentrum in Leiden (Holland). Das europäische Zentrum für Organtransplantation erfasst sämtliche potentielle Organempfänger und koordiniert die Verteilung der Spenderorgane. Jens Rikus wird im Feburar 2005 in der Spenderdatei Leiden angemeldet. Auf der Liste wird hinter seinem Name hohe Dringlichkeit vermerkt.

„Jeden Tag sterben in Deutschland drei Menschen, weil sie kein Spenderorgan bekommen. Auf der Warteliste stehen 1200 Patienten. Und dies, obwohl in Deutschland 20 Prozent der Bundesbürger einen Spenderausweis haben und 80 Prozent dem Thema Organspende positiv gegenüber stehen.

Die fünfwöchige Wartezeit überbrückt Rikus in einer Reha-Klinik. Dort treibt er unter ärztlicher Aufsicht Sport: „Ich wollte mich für die Transplantation so fit wie möglich halten“. Der ersehnte Anruf kommt Anfang März 2005. Ein geeignetes Spenderherz sei gefunden worden. Jens Rikus wird für die Operation vorbereitet. Doch das neue Herz erfüllt nicht alle medizinischen Voraussetzungen. Die Operation wird abgesetzt.

Drei Tage später kommt der zweite Anruf. Bei der Operation stellt sich heraus, dass der Tumor zu groß ist und sein Herz nicht gerettet werden kann. Ihm wird das Spenderherz erfolgreich transplantiert.Nur wenige Wochen wurde Jens Rikus nach der Transplantation mit Kortison behandelt. Durch neue Therapien wird das Abstoßungsrisiko des Spenderherzens mit anderen Medikamenten reduziert. Zweieinhalb Wochen später wird er in eine Reha- Klinik verlegt. Dort erreicht ihn die Nachricht seines Arbeitgebers, dass er sich keine Gedanken um seinen Arbeitsplatz machen muss. „Das war eine große Hilfe. Viele Patienten erhielten dort ihre Kündigung.“

Anfang Juni 2005 ist Jens Rikus wieder zu Hause. Anfang Juli ist er zurück im Beruf. Und sitzt seither drei Tage in der Woche ganztags wieder hinter seinem Schreibtisch in der Kanzlei. Um weiter fit zu bleiben, kaufte sich Jens Rikus nach seiner Rückkehr aus der Reha ein Ergometer mit Pulssteuerungsfunktion. Auf den Straßen, Feldwegen und im Wald ist er bei gutem Wetter mit dem Rennrad unterwegs. Und er spielt außerdem auch noch Badminton, trainiert Weitsprung und übt auch noch den 100 Meter-Lauf.

Zwei bis drei Mal pro Woche trainiert der Groß-Kärber zwischen einer und drei Stunden. „Das ist wichtig. Bei Herztransplantierten gibt es keine Nervenverbindungen mehr zum neuen Herz. Die werden bei der Transplantation durchtrennt. Herztransplantierte haben einen viel höheren Ruhepuls als Gesunde. Bei Belastung steigt der Puls nicht so schnell an, wie er sollte. Auch der Maximalpuls ist zu niedrig. Aber auch hier hilft der Sport, sagt Rikus.

Einmal im Jahr fährt er zur Untersuchung nach München und nach Frankfurt zum Kardiologen. Einmal im Monat untersucht der Hausarzt sein Blut. „Mir geht es wieder gut. Sport ist für mich das wichtigste Medikament.“

Weiterführende Informationen: www.transdiaev.de; www.dso.de (Kampagne fürs Leben) und www.radtour-pro-organspende.de