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Verbesserung beim Fahrradklimatest • ADFC sieht Steigerungspotential

Auf der Friedberger Straße ist der Gehweg für den Radverkehr freigegeben. »Eine solche Verkehrsführung sollte nur das allerletzte Mittel sein, denn da sind Konflikte programmiert«, sagt ADFC-Vorsitzende Ute Gräber-Seißinger. Foto: wpa
Auf der Friedberger Straße ist der Gehweg für den Radverkehr freigegeben. »Eine solche Verkehrsführung sollte nur das allerletzte Mittel sein, denn da sind Konflikte programmiert«, sagt ADFC-Vorsitzende Ute Gräber-Seißinger. Foto: wpa

Bad Vilbel. 4.1, 4.0, 4,2 und 4.0. Wer diese Schulnoten im Zeugnis stehen hat, kann nicht zufrieden sein. In den vergangenen Jahren haben die Teilnehmer des ADFC-Fahrradklimatests die Frage nach der Radfahrsituation der Quellenstadt eindeutig beantwortet: Versetzung gefährdet. Kürzlich sind die Ergebnisse fürs Jahr 2020 veröffentlicht worden. In der Größenordnung der Städte von 20 000 bis 50 000 Einwohnern landet Bad Vilbel insgesamt auf Platz 55. Die 233 Teilnehmer bescheinigen Bad Vilbel eine »starke Verbesserung« – Note 3,5.

Erster Stadtrat und Verkehrsdezernent Sebastian Wysocki freut sich über diese Steigerung und sieht das Ergebnis als Bestätigung für den Weg, den man in Bad Vilbel in den vergangenen Jahren eingeschlagen hat. »Die deutliche Verbesserung in der Bewertung beim Fahrradklima-Test freut uns sehr. Damit zeigt sich, dass wir auf dem richtigen Weg sind und unsere Nahmobilitätsstrategie Früchte trägt.«

Ute Gräber-Seißinger, Vorsitzende des ADFC-Ortsverbandes Bad Vilbel/Karben, ist ebenfalls zufrieden. »Ich bin froh über den Sprung nach vorne. Die Stadt hat viel investiert, was natürlich auch durch den geplanten Hessentag in finanzieller Hinsicht erleichtert wurde.«
In den vergangenen Jahren wurden in Bad Vilbel innerstädtische und überregionale Radwege neu gebaut und ausgebaut. Es wurden Fahrradabstellplätze und abschließbare Fahrradboxen errichtet. Das Rad-Service-Netzwerk Bad Vilbel wurde gegründet. Auch in der Stadtverwaltung spielt das Rad eine große Rolle, so gibt es mittlerweile sieben Elektrodiensträder. Zudem wurden diverse Straßen als Fahrradstraßen ausgewiesen oder für das Radfahren entgegen der Einbahnstraßenrichtung freigegeben. »Der Radverkehr in Bad Vilbel ist ein zentrales Element unserer Verkehrspolitik«, sagt Wysocki.

Der Teufel in den Details
Die Anstrengungen in der jüngeren Zeit loben auch die radverkehrspolitisch Aktiven im ADFC Bad Vilbel. Ute Gräber-Seißinger fügt allerdings an: »Der Teufel liegt im Detail.« Die Vorsitzende des Ortsverbandes führt aus: »In der Umfrage wurde zum Beispiel die Wegweisung gelobt. Man muss aber auch sagen, dass mehr Wegweiser nicht zwingend ein Mehr an Radinfrastruktur im Sinne von zusätzlichen oder verbesserten Radwegen bedeuten.« Es gebe durchaus Straßen, an denen gearbeitet werden müsse, wie zum Beispiel die Homburger Straße. »Dort hat man vor einigen Jahren die rote Mittelspur für den Kfz-Abbiegeverkehr angelegt. An Radspuren hingegen hat man nicht gedacht. Das Ergebnis ist, dass diese städtische Hauptverkehrsachse für den Radverkehr schlicht gefährlich ist.«

Ähnliches gelte auch auf der Frankfurter oder der Friedberger Straße. Auf letzterer ist der Gehweg für den Radverkehr freigegeben. »Eine solche Radverkehrsführung sollte nur das allerletzte Mittel sein, denn dann sind Konflikte programmiert, ebenso wie bei innerstädtischer gemeinsamer Führung von Rad- und Fußverkehr«, so Gräber-Seißinger. Das sehen auch die Teilnehmer am Klimatest so. »Konflikte mit Fußgängern« ist einer der Punkte, die unter der Kategorie negativ geführt werden. »Außerdem ist das auch ein Schulweg. Da muss mehr passieren, denn das ist sehr gefährlich.«

Überörtlichen Radverkehr fördern
Danach kommt die Vorsitzende auf den Autoverkehr zu sprechen. Sie sagt: »Wenn dieser fließt, dann zieht man ihn automatisch auch vermehrt an.« Man müsse eher Möglichkeiten für den Radverkehr schaffen. »Das kann man auch offensiver angehen.« Dabei gehe es unter anderem um eine Kooperation zwischen Bad Vilbel und Frankfurt. »Der überörtliche Radverkehr muss entschlossener gefördert werden. Das ist ein wichtiger Punkt.« Ute Gräber-Seißinger führt aus: »Zu den guten Ergebnissen dürfte weiterhin beigetragen haben, dass der sogenannte Pappelweg – die direkte Strecke zwischen Dortelweil und Karben – für den Radverkehr ausgebaut wurde.« Insgesamt dürfe man sich nicht auf der verbesserten Note ausruhen. »In der Radverkehrspolitik gilt dasselbe wie beim Schwimmen gegen den Strom: Sobald damit aufgehört wird, treibt man zurück«, sagt sie. Dennoch wolle man die Stadt weiterhin unterstützen. »Damit die Note beim nächsten Test erneut besser ausfällt.«

Fahrradklima-Test des ADFC
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist eine der größten Befragungen zum Radfahrklima weltweit und hat 2020 zum neunten Mal stattgefunden. Die Befragung läuft immer vom 1. September bis zum 30. November. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur fördert den ADFC-Fahrradklima-Test aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans. Die aktuellen Ergebnisse sind online enzusehen unter fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse.
Als verkehrspolitischer Verein und als Fahrradlobby setzt der ADFC sich für die konsequente Förderung des Fahrradverkehrs ein. »Dabei arbeiten wir mit allen Vereinen, Organisationen und Institutionen zusammen, die sich für mehr Radverkehr und für mehr Sicherheit und Umweltschutz im Verkehr einsetzen. Der ADFC ist parteipolitisch neutral, aber parteilich, wenn es um die Interessen Rad fahrender Menschen geht«, heißt es auf der Homepage.                          Von Patrick Eickhoff