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Wütend, sauer, enttäuscht

In der Kita Wirbelwind werden die Betreuungszeiten immer wieder gekürzt. Nicht immer können die Eltern das neben der Arbeit auffangen und sehen sich gezwungen, Urlaub zu nehmen. Foto: Mag
In der Kita Wirbelwind werden die Betreuungszeiten immer wieder gekürzt. Nicht immer können die Eltern das neben der Arbeit auffangen und sehen sich gezwungen, Urlaub zu nehmen. Foto: Mag

Von Patrick Eickhoff

Eltern der Kita Wirbelwind machen ihrem Ärger Luft

Bad Vilbel. In einem offenen Brief an Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU), Sozialdezernent Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Fachbereichsleiter Soziale Sicherung, Jörg Heinz kritisieren Eltern die »sehr unzufriedenstellende Personalsituation in der Kita Wirbelwind in Dortelweil«. Man sei seit Beginn der Pandemie enorm unter Druck. »Während die Erwartungen im Berufsleben durch die neuen Umstände tendenziell angestiegen sind, kämpfen wir tagtäglich mit einer höchst unzuverlässigen Kinderbetreuung«, machen sie ihrem Unmut Luft. »Seit Monaten bestehen die verkürzten Öffnungszeiten von 8 bis 16 Uhr.«

Förderung der Kinder kommt zu kurz
Des Weiteren würden Zeiten immer tageweise gekürzt. Das betreffe von Januar bis April 2021 die gelbe Gruppe (minus 37 Stunden), die blaue Gruppe (43 Stunden), die grüne Gruppe (40 Stunden) und die rote Gruppe (14 Stunden). »Diese Zeit müssen wir Eltern freinehmen, oder besser gesagt, von den Arbeitgebern kurzfristig genehmigen lassen.« Das sei nicht immer möglich. Bedeutet: »Dass aufgrund der Betreuungsausfälle beispielsweise ein Elternteil des Kindes in der blauen Gruppe mehr als eine Woche Urlaub nehmen musste, nur für die Ausfälle im ersten Quartal 2021.«
Die Eltern sind »wütend, sauer und enttäuscht«, betonen allerdings, dass sich der Frust weder auf die Kita-Leitung noch die Erzieher und Erzieherinnen bezieht. »Sie leisten einen tollen Job.« Die Stadt habe jedoch seit März 2020 kaum eine Lösung oder Verbesserung bei der Personalsituation herbeigeführt.
Die Eltern schreiben weiter: »Viele von uns arbeiten in systemrelevanten Berufen und sind nicht in der Lage kurzfristige Ausfälle der Betreuung abzudecken. Ebenso haben viele von uns keine Möglichkeit, eine Hilfe aus dem Familienkreis zu bekommen.«

Nicht an allem ist Corona schuld
Man habe seit Monaten keine neuen Gesichter in der Kita gesehen und lediglich Abgänge verzeichnet. »Nicht selten sehen wir, dass lediglich eine Erzieherin auf 15 bis 20 Kinder aufpassen muss.« Das sei zu viel. »Die pädagogischen Fachkräfte haben schlichtweg zu wenig Zeit, sich gezielt mit einzelnen Kindern auseinanderzusetzen. Dieser Missstand trägt dazu bei, dass eine Förderung der Kinder sowie besondere Projekte zu kurz kommen.« Man könne nicht alles auf Corona zurückführen, so die Eltern.

In einer ausführlichen Antwort hat Bürgermeister Thomas Stöhr Stellung bezogen. »Seien Sie versichert, dass unser Bestreben, möglichst eine gute Betreuung, eine gute Personalsituation und eine gute Bewältigung der zusätzlichen Lasten infolge der aktuell schwierigen Rahmenumstände in einer Pandemiezeit völlig gleichgerichtet mit Ihren Wünschen und Zielen ist«, teilt er mit. Er erinnert daran, dass Bad Vilbel als eine der ersten Kommunen in Hessen die Erstattung der Kita-Gebühren während der pandemiebedingten Schließung der Einrichtungen eingeführt habe und bis heute bei denjenigen Eltern die Gebühren aussetze, die aus Sorge um die Ansteckungsgefahr ihre Kinder nicht in die Betreuung bringen. »Damit gehen wir über das hinaus, was andere Kommunen machen und was auch seitens der Hessischen Landesregierung an Hilfen gewährt wird.«

Die Stadt sei sehr bemüht und  konnte trotz bundesweitem Mangel an ausgebildeten Erziehern viele Neueinstellungen vornehmen. »Hinsichtlich der Personalgewinnung versprechen wir uns allerdings von einem in unseren Augen besseren Konzept größere und vor allem nachhaltigere Erfolge als durch die simple Anhebung der Gehälter.«

Man schätze die Arbeit der Erzieher wert, zahle tarifgerecht. Zusätzlich gebe es ein kostenloses Jobticket und weitere freiwillige Sozialleistungen. »Ferner stehen wir seit Jahren im engen Kontakt mit allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in unserem Kreisgebiet. Hier gibt es, bis auf eine kleine Sonderregelung in Friedberg, eine einheitliche Vorgehensweise. Daher stellen wir keineswegs eine Ausnahme dar, sondern verhalten uns so, wie die weit überwiegende Zahl der Städte und Gemeinden.« Das Konzept der Stadt sei viel innovativer und nachhaltiger, da es bereits da ansetze, wo es letztlich wirke. »Nämlich bei der Ausbildung«, so Stöhr. Normalerweise dauere diese fünf Jahre bei nahezu keiner Bezahlung. Dies schrecke ab. »Und so ist es doch die bessere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, junge Menschen für eine Ausbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher zu motivieren, als später auf einem begrenzten Markt über Verteilung zu reden.«
Letztlich bittet der Rathauschef um Verständnis, »dass nicht immer alles gelingen kann und wir uns in Bad Vilbel auch nicht generell von gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen absetzen können.«

Die Eltern senden zum Abschluss noch einen Appell: »Wir bitten Sie, zügig zu handeln. Für unsere Kinder ist es vermutlich schon zu spät, tun Sie es bitte aber für die Kinder, die noch kommen.«