Veröffentlicht am

Antlitz des Meeresgottes – Neue Erkenntnisse über Quellenstädter Römer-Mosaik durch Magisterarbeit

Bad Vilbel. Eigentlich hätte die Kölner Studentin Martina Hundt den Beinamen „Pervinca“ nach dem Künstler Pervincus verdient, der das Bad Vilbeler Meeresmosaik um 180 nach Christi Geburt geschaffen hat. Denn die 23-Jährige hat für ihre Magisterarbeit am Archäologischen Institut der Universität Köln das Bad Vilbeler Meeres-Mosaik, das eines der bedeutendsten dieser Art darstellt, rekonstruiert.

Bei ihrem ersten öffentlichen Vortrag erläuterte sie im Hassia-Besucherzentrum, wie sie „wimmelndes Meeresgetier“ gebändigt hat. So beschrieb sie die „denkbar schlechte Fundsituation“ beim Bau der Main-Weser-Linie 1848/49 unter großem Zeitdruck, und malte ein Bild von der reich verzierten Badeanlage am Südbahnhof, die Teil des Landgutes eines Angehörigen der römischen Oberschicht gewesen sein dürfte. „In der Archäologie gelangt man immer an einen Punkt, an dem man sich auf Theorien stützen muss“, so Hundt. Im Fall des Bad Vilbeler Mosaiks sei man jedoch gezwungen, schon den Einstieg auf Theorien zu gründen. Das mache die Beschäftigung allerdings umso spannender. Trotz einer tiefen Ackerfurche, die wohl ein Pflug durch den rechten Teil des Mosaiks und durch das Gesicht des Meeresgottes „Oceanus“ gezogen hat, sei es ein Glücksfall, dass die linke Seite komplett erhalten sei. Daraus und aus den Resten rechts sei das Gesamtwerk nachzuvollziehen.

Pervincus sei ein Meister der perspektivischen Darstellung gewesen. Näher schwimmende Wesen habe er heller, entferntere dunkler gestaltet und dem Mosaik mit diesen Kontrasten Tiefe gegeben. Eine besondere Herausforderung sei die Rekonstruktion des Meeresgottes gewesen. Hundt zeigte zur Illustration Bilder von Mosaiken mit dessen Darstellung, die sich vor allem in Tunesien finden. Daraus habe sie „einen schönen, sympathischen Oceanus“ konstruiert.

Als 1849 beim Bau der Bahn in Vilbel die ersten Mauern gefunden wurden, habe man gedacht, es handle sich um wertlose Reste von sieben Bauernhöfen. Die Steine seien verkauft, das Erdreich zum Aufschütten des Bahndamms verwendet worden. Erst ein Schachbrett-Mosaikboden aus der Badeanlage – der allerdings während des Krieges im Landesmuseum Darmstadt bis auf Fragmente zerstört wurde – habe aufhorchen lassen.

Vier Tage nachdem die ersten Fragmente entdeckt worden waren, am 28. April 1849, stieß man auf das spektakuläre Meeres-Mosaik. Weil dieses ungewöhnliche Fundstück verunreinigt war, wurde es noch an Ort und Stelle abgeschliffen – mit der Folge allerdings , dass eine „Einmaligkeit zerstört wurde“. In blaue und grüne Glassteinchen war nämlich Blattgold eingeschmolzen worden, das ihnen einen vielfach helleren Glanz verlieh. Dieser Effekt ist verloren.

Da die Arbeit von Martina Hundt vor Abschluss ihrer Magisterprüfungen auch nicht auszugsweise veröffentlicht werden darf, müssen sich Interessierte noch ein wenig gedulden. Die Arbeit werde in jedem Fall als Broschüre erhältlich sein, kündigte Hassia-Chef Günther Hinkel an. Kulturamtsleiter Claus Kunzmann kündigte zudem eine Neuauflage des Flyers zum Mosaikpavillon an, da über „Römer-Spiele“ und ähnliche Attraktionen auf dem neu gestalteten Platz vor dem Pavillon nachgedacht werde.

Die Vortragsreihe wird am Donnerstag, 25. Oktober, fortgesetzt..