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Dankbarkeit und Gedächtnis – 60 Jahre Heilsberg – Lebensbericht des Musikers Michael Wieck und Klezmer-Musik

Bad Vilbel. „Einer Flüchtlingssiedlung steht es gut an, nicht zu vergessen, dass Hass und Krieg sowie Flucht und Vertreibung schon 1933 anfingen“, heißt es in der Presseerklärung der Evangelischen Heilig-Geist-Gemeinde, Am Kreuz 2, die für Mittwoch, 21. Mai, anlässlich der 60-Jahrfeier seit der Gründung zur Veranstaltung „Dankbarkeit und Gedächtnis“ einlädt. Um 19.30 Uhr wird die Dankestafel enthüllt, um 20 Uhr liest der Schriftsteller und Musiker Michael Wieck aus seinem Lebensbericht, erzählt von seiner Verfolgung als Jude in Königsberg und seiner Internierung als Deutscher durch die Sowjets. Wiechs Erinnerungen erschienen in vielen Auflagen und Übersetzungen. Siegfried Lenz schrieb darüber: „Die Urteile, die er fällt – über die Mächtigen und ihre Mitläufer, über Opfer und Sieger – offenbaren einen eindrucksvollen Geist der Gerechtigkeit.“

Musikalisch eingeleitet werden beide Veranstaltungen durch das Musikschul-Ensemble „Ascolta!“, das Klezmer-Musik spielen wird.

Als einer der zwei letzten Juden überlebt Michael Wieck das Kriegsende 1945 in Königsberg. 1928 dort geboren, wuchs er als Sohn einer jüdischen Mutter und eines christlichen Vaters auf. Nach der Machtübernahme der Nazis wurde er mit seiner jüdischen Gemeinde diskriminiert und verfolgt. Lange vor den Kirchen und Häusern der Christen wurden in Königsberg das jüdische Gotteshaus und die jüdische Schule zerstört, die Gemeindemitglieder verfolgt. Kaum einer überlebte. Nach der Befreiung von den Nazis war der jüdische Deutsche nur noch ein Deutscher und wurde von den Sowjets interniert. Sein Leiden als Jude bis 1945 wurden ignoriert. Erst 1948, gelang es ihm, Ostpreußen zu verlassen. Nun konnte er seinen Wunsch erfüllen und wurde Musiker, brachte es zum ersten Konzertmeisters des Kammerorchesters und des Radiosymphonieorchesters Stuttgart.

Auf dem Heilsberg können keine Stolpersteine wie in der Kernstadt verlegt werden, da auf dem früheren Truppenübungsplatz bis 1945 überhaupt niemand wohnte. Deshalb beschloss die Evangelische Heilig-Geist-Gemeinde Heilsberg, eine Gedenktafel für die ersten Opfer der deutschen Diktatur anzubringen. (sam)