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Die tolle Knolle – Wetterkapriolen wirkten sich negativ auf die Kartoffelernte aus – Wachstum verzögert

Auf dem Laupus-Hof am Massenheimer Feldrand herrscht Hochbetrieb. Während sich einige Senioren im Hof-Café ein Frühstück schmecken lassen, rattern in der Halle nebenan auf dem Förderband Anhängerladungen Kartoffeln heran. Auf einer Empore steht der polnische Mitarbeiter Josef, sortiert grüne Kartoffeln heraus. Am Förderband achtet Kollege Benedikt Bach darauf, dass die frische Ernte erst einmal in Big Packs, 1000-Kilo-Säcken, verstaut wird.

Bad Vilbel. Vor der alten Halle mit einem Fassungsvermögen von 1000 Tonnen steht ein Kran, der die letzten Bauteile für das neue, 700 Tonnen fassende Lager hochzieht. Zwischendrin hat Landwirt Laupus noch Kunden am Handy, weist einen Kollegen ein, der eine Lieferung „Bellana“-Kartoffeln zur renommierten Sachsenhäuser Ebbelwei-Wirtschaft „Gemaltes Haus“ fahren soll.

Wetterkapriolen

Seit Ende August bis in den Oktober hinein ist Erntesaison – für Laupus erstmals auch auf seinen Nidderauer Ländereien. In Massenheim, der südlichen Wetterau und im Main-Kinzig-Kreis verfügt er über 50 Hektar Land für Kartoffelanbau. Dazu baut er Zuckerrüben und Getreide an. Vergangenes Jahr ergab das eine Ernte von 2500 Tonnen. Nun werden es „vielleicht 1900 Tonnen“, vermutet er, das sei ein „historischer Tiefststand“.

Schuld daran sind die Wetterkapriolen: Schnee bis Ostern, dann Starkregen, gefolgt von Dürre. Das habe das Wachstum der Kartoffeln um drei bis vier Wochen verzögert. Üblicherweise habe die Erdfrucht 15 bis 20 Knollen. Wegen der einsetzenden Hitze hätten die Pflanzen vier bis fünf Knollen abgestoßen, um den restlichen weiteres Wachstum zu ermöglichen. Diese seien zwar kleiner, „aber von der Qualität her sehr gut“. Der steigende Preis gleiche jedoch den Minderertrag aus.

Mit dem Erlös hat der Massenheimer Landwirt Glück. Die Preise werden für Nord- und Süddeutschland zentral ermittelt und stehen vor dem Verkauf fest – anders, als etwa bei den Getreidebauern, die klagen, sie sähen zum Teil erst im Folgejahr Geld von den Mühlen. Die Qualität der eigenen Ernte und Verhandlungsgeschick haben Laupus zufriedenstellende Erlöse beschert. Dafür müssen diverse Vertriebskanäle am Laufen gehalten werden: der Hofladen, Gastronomie, Großhandel, Frischezentrum und zu einem Fünftel überregionale Abpackbetriebe.

Laupus berichtet, Abpackbetriebe ließen sich ihre Ware bis nach Süddeutschland liefern, um sie dann zurück zu ihren Verteilerzentren im Rhein-Main-Gebiet zu fahren. „Da ist es energiesparender, wenn ich die Kartoffeln 100 Meter weiter zum Hofladen bringe“. Der Erlös ist auch ein Grund für den mehrere hunderttausend Euro teuren Lagerhallen-Neubau. Von 1,04 Euro, die ein Kilo Kartoffeln im Discounter kosteten, blieben dem Anbauer bloß 25 bis 28 Cent, stellt Laupus fest. Im Gegensatz zum Benzin führten steigende Kosten bei Kartoffeln dazu, dass die Verbraucher statt Kartoffeln auf Nudeln oder anderes auswichen. Andererseits aber habe ein höherer Preis auch den Effekt, „dass die Leute nicht mehr zehn Kilo Kartoffeln kaufen und dann die Hälfte wegwerfen“. Bei Gastronomiebetrieben habe er als Direkterzeuger den Vorteil, stets gleiches Aroma, gleiche Qualität bieten zu können. Im Großhandel sei nur festgelegt, ob die Kartoffeln etwa fest oder mehlig kochend seien. Im Abpackbetrieb erhalte er 25 Euro für 100 Kilo Kartoffeln, „und es gibt Abzug für die nicht verwertbaren“, sagt Laupus. Doch müsse der Erlös auch die Qualität berücksichtigen. Er muss davon vier Mitarbeiter bezahlen – und es sollen auch Investitionen für den Betrieb, für bessere Technik übrigbleiben. Doch gebe es Hoffnung, die Nachfrage nach regionalen Produkten steige seit Jahren stetig. So auch auf dem neuen Massenheimer Wochenmarkt.