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Über die Schulnoten

Vikar Daniel Lenski
Vikar Daniel Lenski

Endlich Ferien! Doch mit dem Ferienbeginn kommen zugleich die Zeugnisse. Letzte Woche war es wieder soweit. Nacheinander kamen die Viertklässler meiner Religionsgruppe zu mir, um ihre Zeugnisnote zu erfahren. Einige blickten mich hoffnungsvoll, andere unsicher an. Mit dem Übergang zur weiterführenden Schule haben sie gemerkt: Noten zählen richtig was! Sie können über die Zukunft entscheiden.

Vom Abiturzeugnis bis zum Ausbildungszeugnis, vom „summa cum laude“ bei der Promotion bis zum Assessment-Center vor dem ersten Job: Wir haben uns längst an das Bewerten gewöhnt. Dabei wäre es selbst in der Schule bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts keinem Pädagogen im Traum eingefallen, die Leistung eines Schülers in Form einer simplen Zahl zusammenzufassen. Unser heutiges Notenverständnis ist ein Ergebnis der preußischen Schulreform. Natürlich, Noten können auch sinnvolle Funktionen haben: Sie geben im Idealfall eine Rückmeldung über die eigene Leistung und mögen auch manche motivieren, sich im nächsten Jahr wieder genauso oder noch etwas mehr anzustrengen. Und doch: Oft vergessen wir, dass Noten zum einen sehr subjektive Bewertungen in einem konkreten Moment sind und zum anderen gar nichts über den Wert eines Menschen aussagen. Der gestiegene Leistungsdruck lässt uns das leider manchmal genauso vergessen wie Dieter Bohlens Bewertung in „Deutschland sucht den Superstar“. Für die Reformatoren war es ein zentrales Anliegen, den Menschen nicht über seine Leistung zu definieren. In beiden Kirchen ist es heute Konsens, dass der Wert eines Menschen nichts mit seiner Zeugnisnote, seinem Gehaltszettel oder seinem Body-Maß-Index zu tun hat. Auch ich glaube, dass Gott sich für mehr für meine Grundschulkinder als für ihre Noten interessiert. Daran können auch wir uns ein Beispiel nehmen. Eine behütete Sommerzeit wünscht Ihnen, Ihr

Vikar Daniel Lenski,

Burg-Gräfenrode, Okarben