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Gegen Tiefflieger – BIs und Städte Bad Vilbel und Karben vereinbaren Aktionsplan

Das dürfte der Durchbruch in Sachen Fluglärm sein: Die Bürgerinitiativen in Bad Vilbel und Karben und die beiden Städte wollen nun gemeinsame Sache machen, damit Flugzeuge bald nicht mehr direkt über den Städten abfliegen. Die Chancen, das zu erreichen, stehen gut.

Bad Vilbel/Karben. Die Euphorie am Tag danach ist fast mit Händen greifbar. „Das Gespräch war wider Erwarten sehr positiv“, sagt Ronald Kasten, der Sprecher der Bürgerinitiative „Bad Vilbel minus Fluglärm“ am Tag nach dem Gespräch mit dem Fluglärmschutzbeauftragten des Landes. „Es war äußerst positiv, ich bin mit weniger Erwartungen hingegangen“, beurteilt es Bürgermeister Guido Rahn (CDU) ebenso.

Vertreter der Fluglärm-BIs aus Bad Vilbel und Karben, Rahn sowie Bad Vilbels Verkehrsstadtrat Jörg Frank (CDU) saßen am Donnerstagabend am Flughafen mit dessen Betreiber Fraport und dem Fluglärm-Beauftragten des Hessischen Wirtschaftsministeriums, Patrick Kirsch, zusammen. „Sehr konstruktiv und erfreulich“ sei das gelaufen, lobt Kasten. Alle anderen bestätigen das genau so.

Bisher hatten sich die Ansichten entgegen gestanden: Die Aktiven der BIs beschweren sich über stärker werdenden Fluglärm über beiden Städten, weil bei Ostwind startende Flugzeuge oft die Ideallinie der Route 07N-lang verlassen und über den besiedelten Flächen nach Westen abdrehen. Das sei objektiv nicht mehr Flugverkehr geworden und die Flugzeuge dürften abdrehen, weil sie die erforderliche Mindesthöhe hätten, widersprechen stets die Fachleute.

Im Gespräch hielten sich beide Seiten nicht an dem Widerspruch auf. „Wir fanden heraus, woran man perspektivisch arbeiten kann, um das Gefühl der Menschen zu verändern“, sagt Kirsch. Die Lösung stammt von den BIs: Die abfliegenden Maschinen sollen länger auf der Ideallinie Nord-Nordost fliegen und erst nördlich beider Städte nach Westen abdrehen.

Gegenanflug-Höhe

„Zwei Minuten längerer Geradeausflug bringt auch einige hundert Meter mehr Höhe“, sagt Bürgermeister Rahn. Damit würden auch diejenigen kaum mehr belastet, die nördlich beider Städte dann die abfliegenden Maschinen über sich hätten, erklärt Kasten. Um die Änderung zu erreichen, hat Kirsch den Kommunen empfohlen, die Prüfung dieses Verfahrens bei der Fluglärmkommission zu beantragen. Das wollen Rahn und Frank gemeinsam machen. „Natürlich prüfen wir das gerne, wenn keine betrieblichen, technischen oder Sicherheitsgründe entgegen stehen“, sagt Axel Raab von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Beauftragter Kirsch warnt vor zu viel Optimismus: Eine Änderung werde nur gebilligt, wenn durch sie nicht mehr Bewohner be- als entlastet werden.

Diese Vorgabe scheint Bad Vilbel und Karben bereits vor einem Mehr an Fluglärm zu bewahren: Laut Programm der Landesregierung sollten die Abflüge kleiner Maschinen von der Route über Frankfurts Westen und Bad Homburg auf die Wetterau-Route verlegt werden. „Das scheint nach aktuellen Messungen von Fraport nicht stattzufinden“, berichtet Bad Vilbels Stadtrat Frank. „Grund dafür ist, dass nicht weniger Menschen davon betroffen wären, sondern im Endeffekt mehr.“ Entlastet wird Bad Vilbel ohnehin ab dem 18. Oktober: Ab dann sollen die so genannten Gegenanflüge in Ost-West-Richtung über der Stadt um 300 Meter auf 1800 Meter angehoben werden. Auch das ist Teil des Aktionsplans des Landes.

Sitz im Konvent

Einige Wochen später wollen die BIs und beide Städte erneut gemeinsam vorgehen: Dann wollen sie bei der Flugsicherung nachhaken, ob die Fluglotsen in Folge der höheren Gegenanflüge auch die drunter querenden Abflüge in größerer Höhe abwickeln.

Nicht nur: Auf Hinweis von Patrick Kirsch wollen Rahn und Frank nun für beide Städte einen gemeinsamen Sitz im „Konvent Flughafen und Region“ beantragen. Das 60-köpfige Gremium diskutiert etwa Lärmschutzvorhaben. „Dann haben wir die Möglichkeit“, sagt Rahn, „dort unsere Probleme mit einzubringen.“

Über die Entwicklung freuen sich die BIs sehr. „Wir sind froh, dass man das Problem wahrgenommen hat“, sagt Kasten. Im Gespräch habe man gemerkt, „dass die DFS und Fraport erst jetzt anfangen sich zu bewegen“. Vielleicht hilft auch eine Drohung: „Die jetzige Handhabung“ des Auffächerns der Abflüge über der südlichen Wetterau „könnte rechtswidrig sein, weil so durch die Hintertür eine neue Flugroute entstehen könnte“, schätzt Stadtrat Frank. Dagegen könnten Bürger als Betroffene klagen. (den)